Foto: Spitzenreiter des Abends: Rosalind (Cornelia Gröschel) und Jacques (Andreas Klaue) © Tobias Metz
Text:Manfred Jahnke, am 27. April 2019
Zurück zur Natur – so könnte das Motto zu „Wie es Euch gefällt“ von Shakespeare lauten. Aber Shakespeare ist kein Anhänger von Rousseau, sondern einer, der sehr akribisch untersucht, was Liebenden alles passieren kann; hier gleich in dreifacher Spiegelung. Aber das interessiert den Stückbearbeiter und Regisseur Carl Philip von Maldeghem weniger, hier steht die Metapher von „Die ganze Welt ist eine Bühne“ im Zentrum. Andreas Klaue steht im Mittelpunkt als ein Jacques, der schon zu Beginn vorgibt, dass alles nur Spiel ist.
Von Maldeghem, der von 2002 bis 2009 die Schauspielbühnen in Stuttgart leitete, dann nach Salzburg ans Landestheater ging und von den Kölnern kürzlich leidenschaftlich als möglicher Intendant abgelehnt wurde, entwickelt keine wirklich neue Sicht auf das Stück. In seiner Bearbeitung konzentriert sich die Handlung auf die Figur des Jacques (der am Schluss gar mit einem riesigen Geweih auftreten muss) und auf Cornelia Gröschel als Rosalind. Klaue und Gröschel machen das großartig. Wie ersterer mit seinem massigen Körper Melancholie in Energie verwandelt und so gar nicht melancholisch wirkt, sondern jemanden spielt, der nicht nur philosophiert, sondern aktiv in die Handlung eingreift, das ist wirklich sehenswert.
Cornelia Gröschel, neue Dresdener Tatortkommissarin im deutschen Fernsehen übrigens, überrascht durch sehr persönliche Töne. Ihr glaubt man, dass sie liebt und aus dieser Liebe heraus Orlando prüft. Das würde wunderbar aufgehen, wenn Daniel Tille als selbstbewusster Jüngling nicht so selbstverliebt agierte. Allerdings hat diese Inszenierung ein ganz anderes Hemmnis, und das sind die Kostüme von Thomas Pekny. Wenn Rosalind durch den Ardenner Wald irrt, steckt er sie einfach in ein Holzfällerhemd – und Marthe Lola Deutschmann als Celia verpasst er auf der Flucht vor ihrem Vater einen derart sexy Hosenanzug, dass alles, was im Text als Tarnung beschrieben wird, zu Makulatur wird.
Pekny hat auch das Bühnenbild entworfen. Die Hofszenen spielen vor einem weißgrauen Vorhang, bei den Waldszenen hängen Dutzende Stangen vom Schnürboden herab, die in meist blauem Licht eingetaucht sind. In diesem abstrakten Spielraum, der die Theaterhaftigkeit der Vorgänge betont, wird (wie auch durch die Kostüme) die Handlung des Schäferspiels, das schon zu Shakespeares Zeiten nicht mehr „in“ war, in der Gegenwart verortet. Dazu trägt auch die Sprache in der Bearbeitung von Maldeghem bei, die nahe im umgangssprachlichen Slang mit vielen Anglizismen bleibt. Die Musikeinspielungen von Julius von Maldeghem übernehmen zudem die Vorbereitung der „dramatischen“ Szenen, so dass die Auftritte und Atmosphären recht vorhersehbar werden. Sie überspielen die Live-Auftritte von Claudia Carus als Clown Touchstone, die mit der Gitarre die Lieder begleitet, allesamt Originaltexte.
Ein solcher Spielraum fordert das Spiel von exzellenten Schauspielern. Cornelia Gröschel, Andreas Klaue und Gunnar Blume als der ältere Bruder Oliver machen das toll. Armin Jung hingegen, der sowohl den verbannten Herzog Ferdinand als auch den gewaltsam an die Macht gekommenen Herzog Frederik spielt, bleibt in beiden Rollen merkwürdig blass. Antonia Leichtle und Daniel Kozian spielen mit Sinn für Komik ein schwäbelndes Schäferpaar. In seiner Regie konzentriert sich Carl Philip von Maldeghem auf das „Making of“ – Verwandlungen und Umzüge werden auf offener Bühne vorgeführt. Dennoch bleibt das Spieltempo behäbig. Das erstaunt.