Performativer dagegen die Choreographien von Johannes Wieland. Man könnte an Beuys‘ „erweiterten Kunstbegriff“ denken, oder an Adam Szymczyk, der bei seiner documenta 14 immer wieder vom „Verwischen der Grenzen“ gesprochen hat. Wieland öffnet sein Tanztheater zu anderen Kunstrichtungen, macht es biegsam zwischen bildender Kunst, Sprechtheater und Showelementen. „You will never be my number one fan“ übertitelt er ironisch seine Choreographie, in der er nochmals die Welt entstehen lässt: Tänzer, zu Beginn kriechend auf allen Vieren, finden später irgendwo zwischen Autismus und Egomanie im großen Tanztheater-Bilderbogen zusammen. Auf dem ausgeleuchtetem Bühnenplateau (Bühne: Momme Röhrbein) zum Sound-Mix der skurril-fröhlichen 80er-Jahre-Schlager entstehen Momentaufnahmen von versuchter Nähe und Begehrlichkeit, Begegnungen auf Abstand von Gotaute Kalmataviciute und Luca Gheidini, Soloperformances im Selbstdarstellungsmodus (wunderbar: Shafiki Ssegaye). I am my Nummer one. Die Tänzer auf der Bühne dort oben (deren Beleuchtungsbatterie im Hintergrund immer wieder das Publikum unangenehm blendet) improvisieren Texte, sprechen ins Mikro. It`s Showtime. „You don`t exist“, sagt der eine, „Wenn ich nett bin, bin ich sehr nett“ sagt die andere bedrohlich. Es sind Sätze wie Peitschenhiebe, und allmählich entgleist die mühsam erhaltene Fröhlichkeit zur Kampfpose. Zum Schluss stampfen die Tänzer in den 80-er Jahre Kostümen von Angelika Rieck fast martialisch mit den Füßen auf dem Boden, die Arme über den Kopf erhoben. Gefangene oder Krieger? „Was wir sehen“, sagt Dramaturg Thorsten Teubl, „entstammt immer unserem biographischen Archiv des Körpers.“ Standing Ovations für einen intensiven Tanztheaterabend.