Foto: "Vom guten Ton", die Urafführung an den Wuppertaler Bühnen. © Uwe Stratmann
Text:Andreas Falentin, am 22. Oktober 2012
Wer angelt, redet nicht. Zumindest nicht währenddessen. So halten die vier Sänger zunächst schweigend Holzruten über umgekippte Spiegelwände. Die Oboe sichelt, die Mandolinen zirpen.
„I bin a Fisch“ singt der Bariton John Janssen dann traumverloren und zählt Arten auf, von Aland bis Moderlieschen. Plötzlich, der 80-minütige Uraufführungsabend mit dem merkwürdigen Namen ist bereits halb vorbei, bekommt der Zuschauer eine Ahnung, wo es hingehen soll. Hier wird Wissen abgesondert, ohne Wissen zu schaffen. Die Worte haben, über ihren Klang hinaus, vielleicht eine Bedeutung, aber keinen Sinn. Ihre Funktion ist einzig die Übertünchung von Schweigen. Im Nachspüren, in der Konkretisierung dieses Prozesses gelingen Thomas Beimel und seiner Librettistin und Regisseurin Cornelie Müller in der Folge kluge, witzige und stringent entwickelte Beobachtungen menschlichen Kommunikationsverhaltens.
Der Einstieg – Prolog mit Trompetenfanfare, inszenierte Auftritte von Sängern und Musikern, Etablierung von Form und Thema – gerät allerdings zur schwerfälligen Etude. Die fürs bürgerliche Kommunikationsverhalten diagnostizierte Leere, die, laut Programmheft, theatralisch „wertgeschätzt“ werden soll, legt sich wie Mehltau auf die Szene. Das liegt keinesfalls am dezenten, aber nie gehemmten passgenauen Boulevardspiel der Sängerdarsteller um die, wie stets bei Neuer Musik, herausragende Dorothea Brandt. Der Grund ist eher am zu Beginn arg bedeutungsschwangeren, gleichsam höher gelegten Libretto zu suchen – und in der das Geschehen bestimmenden Idee, sich unterhaltsam vom Unterhaltungstheater an sich abzugrenzen. „Erschwerend“ hinzu kommt Beimels Musik, der zwar durch die skurrile Besetzung (Zupforchester und vier Solobläser) eine parodistische Ebene eingeschrieben scheint, die sich aber ansonsten im üblichen Neue-Musik-Mix aus Weill und Richard Strauss, zweiter Wiener Schule und etwas Nachkriegs-Neutönertum erschöpft.
Auch das ändert sich im zweiten Teil. Das Tempo wird stärker variiert, der Klang wirkt flexibler, elastischer. Anspielungen an Operette, Film- und Schlagermusik geben zusätzlichen Schwung. Die Bläsersoli wirken prägnanter und die vielen Wiederholungen erscheinen nicht mehr als schwerblütige Rückgriffe auf serielle Musik, sondern als einfache, schlicht auf das Vergehen von Zeit verweisende Loops. Detlef Tewes dirigiert seine Mandolinen-Konzertgesellschaft Wuppertal umsichtig und – soweit dies bei Gitarren und Mandolinen möglich scheint – dynamisch.
Die Produktion wurde vom Premierenpublikum intensiv gefeiert. Im Sport würde es heißen: Aufgrund der Steigerung in der zweiten Hälfte verdient.