Ensembleszene

Wo die Kühe muhen

Michael Barfuß: Out of Allgäu

Theater:Landestheater Schwaben, Premiere:23.12.2016Regie:Michael Barfuß

„Es ist kein Stand so hoch im Lande, dass er nicht lebt von Bauers Hand.“ Dieser selbstbewusste Spruch prangt auf dem Bühnenvorhang des Landestheaters Schwaben in Memmingen.  So selbstbewusst denkt man im Allgäu, zumindest auf dem Lande, auch, wenn die Milchwirtschaft alleine nicht mehr zum Überleben ausreicht und Ferien auf dem Bauernhof für zusätzliche Einnahmen sorgt. Entsprechend zeigt das Bühnenraum von Ulrich Leitner einen stilisierten Bauernhof aus weißen Vorhängen, zwei Geranienreihen an der Rampe und im Hintergrund, wie die meisten Requisiten aus Sperrholz. Wenn auch in einer „hochdeutschen Fassung“ gespielt und gesungen wird, so fangen doch auch die Kostüme, ebenfalls Ulrich Leitner, typische Details vom Dorfleben im Allgäu ein. Das Kopftuch und das hellblaue Overall der Bäuerin von Claudia Frost, die dunkelblaue Arbeitshose, die braunen Hosenträger und der um den Hals gelegte Pullover des Bauers von Aurel Bereuter zeigen liebvolle Details. Hingegen bilden sich in den Kostümen von Sohn und Tochter die Sehnsüchte der jungen Menschen nach einer anderen Welt ab, wie die punkige Aufmachung mit Kreuz am Halsband der Tochter zeigt, von Regina Vogel gespielt, oder das T-Shirt des Sohnes von Christian Bojidar Müller, auf dem u.a. die Namen von Beyoncé und Britney eingedruckt sind und der genau weiß, dass die Mädchen im Dorf eher auf Fendt, denn auf BMW stehen.

In der Anfangssituation seines Muhsicals „Out of Allgäu“ gelingt es Michael Barfuß (Regie) Lokalkolorit und Songs klug zusammen zu bringen. Traditionelle Melodien und Lieder von den Comedian Harmonists, Hildegard Knef über Anna Depenbusch, Malediva  bis hin zu Leonard Cohen und Queen wechseln in rasantem Tempo. Das gelingt mit einer wunderbar aufspielenden Band (Andreas Schütz, Sebastian Kern, Andreas Kerber und Frank Thumbach) in den ebenso groovenden, wie präzisen Arrangements in der musikalischen Leitung von Barfuß,  und mit dem auftrumpfenden Ensemble von sängerischen Qualitäten. Aber statt mit den auf die Bühne eilenden Gästen aus der Stadt, Miriam Haltmeier, Elisabeth Hütter und Jens Schnarre, eine Handlung zu entwickeln, die sich satirisch mit den Klischees über das Allgäu auseinandersetzt, tendiert „Out of Allgäu“ immer mehr hin zu einem klassischen Liederabend mit musikalisch grandios umgesetzten Songs, deren szenische Umsetzung manchmal eine Choreografie gut getan hätte.

Barfuß spielt mit der Doppeldeutigkeit des Titels „Out of Allgäu“. Der Blick auf das Land der Milchkühe von außen und der Blick aus dem Land der sanften Berghügel auf das „Draußen“ vermischen sich in den Songs und finden in der Zugabe „Rinderwahn“  von Max Raabe einen grandiosen Ausdruck.