Während die Darstellung der Rollen von Estragon und Wladimir noch im Rahmen der Aufführungstradition steht, sind Lucky und Pozzo jung besetzt. Nach dem Überraschungsauftritt der beiden, die in einem dritten Autoscooter total ineinander verknotet über eine Rampe auf die Bühne kommen – und über diese auch wieder wegfahren –, entwickelt sich ein Herr-Knecht-Spiel, aber enthierarchisiert: Samuel Koch, in goldglänzendem Kostüm, spielt einen feinsinnigen Herrn, müde, sich vor dem Leben ekelnd. Robin Krakowski stellt hingegen einen jungen koboldhaften Lucky vor, der mit seinem großen Solo des Denkens, in dem er mit Genuss die Phrasenhaftigkeit theoretischer Sätze auseinanderpflückt, Beifallsstürme herausfordert. Karsten Süßmilch spielt den Jungen, der von Godot geschickt wird, verklemmt, sich bei seinen Botschaften sichtlich unwohl fühlend.
Und der Baum? Ist im ersten Teil eine Art fülliger Bonsaibaum, gemalt auf einer Kulissenwand, die die Bühne nach hinten abschließt, mit vielen Blättern. In Umkehrung des Textes erscheint im zweiten Akt ein langer kahler Baumstamm. Und das im Sommer, denn nun sind Estragon und Wladimir sommerlich gekleidet (Kostüme: Daniela Selig). Wladimir führt nun mit einem Schmetterlingsnetz den berühmten Canvas „Jagd auf eine Fliege“ vor, Karsten Süßmilch erzeugt deren Brummen entsprechend mit der Posaune. Diese Umkehrung, die dem zweiten Teil etwas Dystopisches gibt, erinnert nicht zufällig an die Klimakatastrophe. Denn Strunz stellt nun mit Estragon und Wladimir die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Handelns. Und eine kleine Aktion gibt es ja am Ende, die beiden verabreden sich zum Gehen – allerdings, um am nächsten Tag wieder zu kommen.