Foto: "Die besten Beerdigungen der Welt" am Stuttgarter JES. © Nina Urban
Text:Manfred Jahnke, am 29. Juni 2011
Ester, Nils und Putte finden eine tote Hummel. Und, weil sie sich langweilen, hat Ester die Idee, diese auf einer Lichtung zu beerdigen. Was die drei Kinder auch tun, mit Gedicht, Sarg und Singen. Sie machen sich auf die Suche nach weiteren toten Tieren um diese beizusetzen. In „Die besten Beerdigungen der Welt“ spielt der bekannte schwedische Autor Ulf Nilsson und seine Illustratorin Eva Eriksson mit den Grenzerfahrungen zwischen Tod und Leben. Seine Protagonisten üben spielerisch die Beerdigungsrituale ein und zeigen dabei einen naiven Respekt vor dem Lebendigen.
Wie immer erzählt Nilsson auch diese Geschichte mit einem Gefühl für komische Momente, ohne dass diese sich aufdringlich über die Handlung stülpen. Eine solche Erzählweise kommt dem Spielstil des Jungen Ensemble Stuttgart sehr entgegen. Grete Pagan, frisch von der Regie der Hamburger Theaterakademie kommend, die zusammen mit Christian Schönfelder, dem Dramaturgen des JES die Textfassung entwickelte, setzt auf ein temporeiches Spiel, in dem die Situationen mit großer Leichtigkeit und unaufdringlicher Komik gespielt werden, ohne die Emotionen auszusparen. Die beiden Bearbeiter haben gegenüber Nilsson eine Figur hinzu erfunden, den Vogel Herrn Svensson, ein alter Seemann, der vor sich hin hustet und am Ende stirbt. Dieser Vogel wird von wechselnden Ensemblemitgliedern als Figur animiert, so dass diese ein Eigenleben gewinnt und das Publikum bei dessen Tod buchstäblich den Atem anhält. Über diesen Kunstgriff gelingt es, das Sterben in die Aufführung hinein zu holen, während die Kinder im Bilderbuch nur schon tote Tiere begraben.
Im Bühnenbild von Lena Hinz, zunächst einfach ein Stapel von Kisten, Stühlen und anderen Requisiten, sowie Topfpflanzen, die später an den Rändern des Spielraums aufgestellt werden, kann sich das dynamische Spiel entwickeln. Grete Pagan, die vor ihrem Studium schon als Regieassistentin am JES arbeitete, vertraut den Schauspielern. Gert Ritter gibt den ängstlichen, dichtenden Nils eine stupende Komik, ohne seine Figur zu verraten: ein kleines Kabinettstücken. Der junge Markus Pendzialek als Putte hat intensive Momente nicht nur in der Animation der Figur, sondern spielt auch sehr genau den nicht immer seine Schwester verstehenden kleinen Jungen mit großer Spielfreude aus. Da gilt es ein neues Talent zu besichtigen. Elisabeth Jakob als Ester steht noch zu sehr unter Druck, dennoch gelingt es ihr, sich als forsche und forschende Identifikationsfigur durchzusetzen.
So setzt diese Arbeit den Erfolgskurs des JES fort. Kritisch wäre nur einzuwenden, warum zum Teufel müssen so viele Requisiten „Schweden“ signalisieren? Wenn da der IKEA-Katalog für ein Telefonbuch herhalten muss, ist das Spielastik: Es geht doch nicht um Schweden, sondern um eine emotionale Haltung, die es so nicht nur in diesem skandinavischen Land, sondern für Kinder (und Erwachsene) in der ganzen Welt gilt.