Familienfreuden bei einer nachgestellten Hochzeitsfeier in Justine del Cortes "Der Komet", uraufgeführt am Wiener Burgtheater.

Weltuntergangsverstimmung

Justine del Corte: Der Komet

Theater:Burgtheater Wien, Premiere:09.09.2012 (UA)Regie:Roland Schimmelpfennig

Ein schweißtreibendes Sommerfest auf dem Land. Bei 37 Grad Celsius versammelt sich eine Hochzeitsgesellschaft zu einem bizarren Ritual. Eine bereits erlebte Trauungsfeier soll zehn Jahre später exakt nachgestellt werden – weil sie angeblich so schön war. Die Wiederholung macht natürlich erst deutlich, was für eine gigantische Lüge diese vermeintliche Idylle einst war: Man hat sich gegenseitig betrogen und auch sonst keine Gelegenheit ausgelassen, den anderen bloß zustellen („Gregor hat einen sehr kleinen Penis“). Hass und Verachtung regieren.

Justine del Cortes symbolisch aufgeladene Komödie „Der Komet“, die nun am Wiener Akademietheater uraufgeführt wurde, beginnt als Sommernachtssexkomödie, als forcierter Boulevard, der zur Abwechslung im Grünen spielt. Jeder Satz ist eine aufgelegte Pointe, jede Figur eine schrille Karikatur. Hausherr Matthias Hartmann kann sich heuer also getrost über Silvester frei nehmen, er muss nicht selbst eine lustige Premiere stemmen, wie es in den Jahren zuvor Tradition hatte. Es genügt, den ersten Teil dieses Stück auf den Spielplan zu setzten. Zumindest vor der Pause ist „Der Komet“ nämlich ein Pointenfeuerwerk. Sylvie Rohrer gibt die manisch überdrehte Braut, Fabian Krüger ihren notorisch betrügenden Ehemann, Dorothee Hartinger einmal mehr die naive Geile, Barbara Petritsch die zynische Alkoholikerinnen. Autor und Regisseur Roland Schimmelpfennig, der das Stück seiner Frau eingerichtet hat, setzt ganz auf grandiose Schauspieler und sommerliche Stimmung. Hinten steht ein erstaunlich echt aussehender Apfelbaum (Achtung: Vielleicht das verlorene Paradies?), ansonsten ist die Bühne leer. Je länger der Abend dauert, desto aufdringlicher wird del Cortes Versuch, der rasanten Komödie zwanghaft Tiefgang zu verleihen. Alles ist plötzlich symbolisch aufgeladen, der Tod wird pausenlos herbeizitiert, und mit Martin Schwabs Auftritt in einem erdig verschmutzten Anzug kommt sogar ein Untoter auf die Bühne – der allerdings auch wieder nur zu Scherzen aufgelegt ist.

Im letzten Teil nach der Pause sitzt die Tischgesellschaft mit Lorbeer umrankt an einer Tafel, alle geben schrille Tierlaute von sich und ergehen sich darüber, wie kalt und egomanisch unsere Gesellschaft geworden ist (Stichwort: Es gibt keine Solidarität mehr). Weil die Figuren dermaßen flach geblieben sind, nervt dieses Geschwätz von den letzten Dingen des mit drei Stunden eindeutig zu langen Abends. Gerade gegen Ende zeigt sich ein grundsätzliches Problem dieser Zusammenarbeit. Es hat durchaus Vorteile, wenn der Regisseur und die Autorin kein Paar sind. Dann wird nämlich beherzt gekürzt, wenn der Text Längen aufweist. Und an diesem reichlich oberflächlichen Abend fehlt eindeutig die Verdichtung.