Szene aus "K(no)w Black Heroes"

Weltflucht für mehr Sichtbarkeit

Mable Preach: K(no)w Black Heroes

Theater:Schauspiel Hannover, Premiere:10.02.2023 (UA)Regie:Mable Preach

Die Mission heißt „Fuck you, Erde“. Und es ist ein Partyboot, das da ins All abhebt in Richtung Kepler 160. Akos (Precious Wiesner) – Erbauerin des Raumschiffes – und Essinam (Florence Adjidome) haben keine Lust mehr auf die Erde. Aber auch nicht auf Langeweile. Vor allem aber auf die Erde. Denn dort gibt es keine Helden und Heldinnen mit ihrer Hautfarbe, keine Erfinder und Erfinderinnen, alles ist weiß, und meistens auch männlich. Jedenfalls wird es immer so erzählt.

Die Hamburger Regisseurin und Choreografin Marble Preach hat für Jugendliche das Weltraumabenteuer „K(no)w Black Heroes“ am Staatsschauspiel Hannover inszeniert und versucht sich darin an einer alternativen Erzählung. In einem Bühnenbild, das irgendwo zwischen Star Trek und Marvels Wakanda verortet ist, erzählen Akos und Essinam von ihren Helden und Heldinnen, die wegen ihrer Hautfarbe kaum jemand kennt: Alice H. Parker, Erfinderin der Zentralheizung mit Erdgas. Mary Beatrice Davidson Kenner, die eine verbesserte Version eines Vorläufers der Monatsbinde erfand. Garret Augustus Morgan, Erfinder der handbedienten Ampel und Miterfinder der Gasmaske, die im Ersten Weltkrieg eingesetzt wurde. Und viele, viele mehr. „Mich macht das so fertig, dass das eurozentristische Bildungssystem mich so abgefuckt hat“, sagt Akos.

Thematische All-Inclusive-Reise

Es geht dabei recht aufgeregt zu auf dem Partyboot in Richtung besserer Welt. Akos und Essinam tanzen und singen vor sich hin. Es gibt Musik, die klingt, als trüge sie eine Sonnenbrille. Man versucht, Stimmung zu machen. Und dabei in einer Art afrofuturistischer Lecture Performance mit Beats Themen wie Eurozentrismus, Kolonialisierung, der eigenen Geschichte auf die Spur zu kommen. Wobei: Mit sich selbst kommen die beiden eigentlich ganz gut klar.

Für den großen Themenkomplex ist die Inszenierung jedenfalls mit einer guten Stunde sehr kurz geraten. Alles wirkt inhaltlich kondensiert, reduziert, abgehandelt: Eine Erfindung wird vorgestellt, dann gibt es schon wieder einen Song, dann wird kurz erklärt, dass so etwas wie umgekehrter Rassismus ein Mythos ist. Dann ist Essinam langweilig, also gibt es noch schnell einen Vortrag über das N-Wort, und irgendwo muss auch nochmal schnell ein Song untergebracht werden. Alles ist schnell geschnitten, aufmerksamkeitsheischend, ruhelos. So bleibt „K(no)w Black Heroes“ zwar ein solider Grundkurs in Sichtbarkeit und Alltagsausgrenzungen Schwarzer Menschen, wirkt oft aber auch zufällig – mehr eine Aneinanderreihung von Ideen, die nur locker vom Raumschiff und seiner Reise zusammengehalten werden.

Die utopische Gesellschaft finden die beiden dann am Ende nicht auf Kepler 160, sondern in sich selbst: In einem immer wiederholten Appel zur Melodie von „My Country, ‚Tis of Thee“ oder, je nach Betrachtungsweise, „God save the King“, geht es darum, irgendwo zwischen afrikanisch sein, deutsch sein, unverschämt sein, eine neue Freiheit zu finden, und zwar eine selbst bestimmte. Dafür gibt es dann lange Standing Ovations.