Foto: Aleksandra Zamojska (Pamina), Christoph Waltle (Monostatos) und Fausto Reinhart (Tamino) in einer reichlich misslungenen Zauberflöte am Theater Freiburg. © Maurice Korbel
Text:Georg Rudiger, am 10. Oktober 2011
Pamina und Tamino warten. Über dem Liebespaar wölbt sich ein Sternenhimmel, am Boden liegt Rindenmulch. Glücklich sehen die beiden auf den weißen Schalensitzen, die an einer Bushaltestelle stehen könnten, nicht gerade aus. Vielleicht warten sie darauf, dass diese „Zauberflöte“ endlich in Gang kommt. Dass sie eine Geschichte erzählt, dass sie berührt, dass sie die Figuren ernstnimmt. Es ist ein Warten auf Godot. Denn diese „Zauberflöte“, mit der das Freiburger Theater seine Spielzeit eröffnet, ist schon zu Ende. Der Schlusschor „Heil sei Euch Geweihten“ erklingt aus dem Off.
Regisseur Jarg Pataki stutzt dieser „Zauberflöte“ die Flügel – und lässt sie dadurch den ganzen Abend nicht abheben. Da hilft auch der an ein Federkleid erinnernde Vorhang im zweiten Akt nicht weiter. Es fehlt jede Leichtigkeit, die Bühne ist humorfreie Zone. Pataki hat dieser „Zauberflöte“ alle gesprochenen Dialoge gestrichen. An deren Stelle setzt er Pausen, die ein wenig pantomimisch gefüllt werden. Die Partygesellschaft, die sich in den ersten Szenen in einer Art Hotellobby tummelt (warum eigentlich?) und Tamino zurechtzupft, wird mal eingefroren, mal erst recht in Bewegung gesetzt (Bühne: Anna Börnsen, Kostüme: Margret Nisch). Das Philharmonische Orchester Freiburg muss unter der Leitung von Generalmusikdirektor Fabrice Bollon ins Nichts einsetzen, um die in der Luft hängenden musikalischen Nummern anzustimmen. Je länger dieser bewusst dekonstruierte, von seltsamen Videoprojektionen (Philipp Hochleiter) bebilderte Abend andauert, desto stärker spürt man auch Verunsicherungen im Orchester. Da sucht man nach der richtigen Balance. Da ist wenig mit dem Ensemble zusammen, was allerdings auch an den Solisten liegt. Zudem verschlechtert sich die Intonation in dem zum Teil auf alten Instrumenten spielenden Orchester. Besonders die Barockpauke im zweiten Akt ist intonatorisch völlig neben der Spur.
Die Solisten wirken in Jarg Patakis Konstrukt ähnlich verloren. Alejandro Lárraga Schleske bleibt als autistischer Papageno ein Fremdkörper, Lini Gong macht die Rachearie der Königin der Nacht zum Vogelgezwitscher. Jin Seok Lee hat als schluchzender Sarastro zu wenig Tiefe, Fausto Reinhart ist mit seinem wenig ausgeglichenen, unflexiblem Tenor als Tamino glatt fehlbesetzt. Dafür intonieren die drei Damen (Jana Havranová, Sally Wilson, Anja Jung) im Gegensatz zu den drei Knaben (Knabenkantorei Luzern) durchwegs gut – und Christoph Waltle gibt einen schön ekligen, masturbierenden Monostatos. Eine kleine Entdeckung ist der fragile Sopran von Aleksandra Zamojska. Ihre Pamina ist die einzige Figur an dem Abend, die ein bisschen näher rückt.