Doch wo zu viel Zweifel herrscht, kann sich das Ideal nicht realisieren. Elsa fragt, Lohengrin kehrt zurück ins Traumland, hinterlässt aber seine Partitur – Wagners Revolution war ja auch eine Opernrevolution. Ausgerechnet die reaktionäre Gegenspielerin Ortrud greift sie und liest fasziniert darin, vielleicht ein Hoffnungszeichen. Zunächst aber geht das demokratische Experiment erstmal schief, Weltkriegs-Flammen züngeln, die Wagner-Bühne stürzt zusammen. Von den weiteren Irrwegen der Geschichte wie der Wagner-Rezeption erzählt dann Herheims „Parsifal“ in Bayreuth.
Eindrucksvoll lässt Johannes Rieger das Nordharzer Orchester in Wagners fantastischen Farben glühen. Der Klang ist prächtig, durchhörbar, sehr prägnant. Die Streicher spielen seidig, die Bläser präzise, das hört man auch andernorts selten klarer. Das erste Vorspiel gerät noch reichlich schnell, doch später stimmt die Dramaturgie, und das dritte Vorspiel entwickelt wohlige Pracht. Kraftvoll auch die Chöre. Dazu kommt mit Wolfgang Schwaninger als Lohengrin ein Tenor mit füllig-strahlenden Spitzen und Schmelz. Katharina Warken singt Elsa mit klug differenzierendem Sopran. Aus dem Hausensemble ragt der klangvoll charakterisierende Bass von Klaus-Uwe Rein hervor. Juha Koskela singt kraftvoll den Telramund, Gerlind Schröder mit lyrisch feinem Mezzo eine verführerische Ortrud, die in den hochdramatischen Spitzen an ihre Grenzen stößt. Insgesamt muss man staunen über diese niveauvolle Aufführung an wenig privilegiertem Ort.
Tatsächlich droht dem Musiktheater nach 200 Jahren das Aus,da die Städte Halberstadt und Quedlinburg ihre Zuschüsse zum Städtebundtheater halbieren wollen, der Landkreis Harz ein Drittel einsparen will. Quedlinburg würde nur noch 280.000 statt 480.000 Euro zahlen, Halberstadt 500.000 statt 1.100.000 Euro, der Harzkreis 1.140.000 statt 1.800.000 Euro. Das Land Sachsen-Anhalt gibt gemäß einem Grundsatzvertrag stets dieselbe Summe drauf, die die Kommunen und der Kreis leisten, bislang also 3.380.000 Euro. Es darf diese nun also auch um ca. 50 Prozent kürzen.
Am Haus ist nichts mehr einzusparen, die Musiker verzichten bereits jahrelang auf 20 Prozent Gehalt. Nur das Land oder weitere Kommunen des Kreises könnten diesen wichtigen Ankerpunkt für gemeinschaftstiftende Ideen noch retten. 70 Prozent Platzauslastung erreicht das Städtebundtheater, unter anderem auch durch seine Gastspiele im Bergtheater Thale, in Lutherstadt Eisleben oder Wolfenbüttel. So werden über 16 Prozent des Jahresetats eingepielt. Das Orchester könnte sich nun zum Beispiel eine Verschmelzung mit dem bislang städtischen Philharmonischen Kammerorchester Wernigerode vorstellen, um weitere Kommunen am Haushalt zu beteiligen. Lohengrin hilf!