Böhmer und Lund haben im Kollektiv mit dem Münchner Ensemble eine locker flockige Boulevardkomödie entwickelt und aus den gesammelten Ideen eine authentische Geschichte destilliert, in der neben einigen mit großer Geste vorbereiteten Schenkelklopfern immer wieder auch Platz für echten Tiefgang ist.
Wobei es am Ende keine echten Sieger gibt und wie im richtigen Leben letztlich alle Beteiligten zur Lösung der familiären Konflikte gewisse Kompromisse eingehen müssen. Zum Glück, ohne dabei den moralisch belehrenden Zeigefinger zu bemühen. Ein Spagat, der Regisseurin Nicole Claudia Weber mit viel Fingerspitzengefühl gelingt. So weiß sie im Zusammenspiel mit Choreographin Rita Barão Soares nicht nur einige schmissige Ensemblenummern aufs Parkett zu zaubern, sondern den Menschen auf der Bühne ebenso Raum für die emotionalen Großaufnahmen zu geben. So etwa in Rosies bewegendem Solo „Ich wollte nur singen“.
Wunderbares Ensemble
Dreh- und Angelpunkt des Abends ist natürlich Titelheldin Dagmar Hellberg, die am Gärtnerplatz mittlerweile auf die Nebenrollen der Komischen Alten abonniert scheint und hier endlich wieder einmal in das ihr zustehende Rampenlicht gerückt wird. Hellberg, deren eigene Lebensgeschichte den einen oder anderen Berührungspunkt mit ihrer Rolle aufweist, beherrscht das Geschehen mit starker Bühnenpräsenz und bildet mit Kollegin Frances Lucey ein herrlich humorvolles Paar. Vor allem, wenn die zwei selbstbewussten Frauen, Rosies Enkelin mit dem schmissigen Song „Auf meiner Klingel steht Single“ endlich die Augen öffnen und damit das Schicksal des FDP-Saubermanns besiegeln.
Zum Glück stimmt auch die Chemie zwischen Rosie und den drei anderen ehemaligen Bandmitgliedern und potenziellen Vätern von Sohn Stefan. Alexander Franzen, Frank Berg und Erwin Windegger bilden dabei ein ebenso skurriles wie liebenswertes Trio, bei dem man durchaus versteht, warum es Rosie immer schwer fiel, sich für einen von ihnen zu entscheiden. Natürlich ist an dieser Stelle der Handlung auch kurz die „Inspiration“ des ABBA-Jukebox-Musicals „Mamma Mia“ zu spüren. Doch immerhin muss „Rockin‘ Rosie“ nicht auf bestehende Hits zurückgreifen und punktet stattdessen mit ebenso eingängigen wie zweckdienlichen Melodien aus der Feder von Wolfgang Böhmer, der den Sound der 70er-Jahre authentisch einfängt und neben dem Ensemble auch der vierköpfigen Band einiges an Futter gibt.
Ein erfrischend anderes Musical aus deutschen Landen mit ganz eigener Identität. Zwar mit einer ordentlichen Portion München-Nostalgie, doch im Kern eine Geschichte über Familie. Mit der Erkenntnis, dass Konflikte zwischen den Generationen sich am Ende eben nur durch einen Dialog auf Augenhöhe lösen lassen.