Hatte Schreiner, musikalisch souverän von Chor und Orchester getragen, das Unfassbare im geschlossenen Raum allzu ernsthaft-plakativ zelebriert, versöhnte der rumänische Gastchoreograph Edward Clug in seiner Auslegung des solostimmengeführten „Stabat Mater“ von Giovanni Battista Pergolesi (eindrücklich: Elaine Ortiz Arandes, Sopran und Ann-Katrin Naidu, Alt) mit suggestiven Einfällen. Sein Münchner Debütstück knüpft (nicht nur durch ästhetische Ähnlichkeit) frappierend stringent an das seines Gastgebers an. Vor allem zu Beginn scheint auch hier der Impuls der Musik dieselben 20 Tänzer rücklings fortzureißen. Dieser Kraft will keiner der beiden Choreographen mit besinnlicher Leere oder nach innen gerichteten Soli begegnen. Man rennt viel, Clugs Frauen sogar in hochhakigen Schuhen, fällt nun aber weniger zu Boden. Clug, mehrfach ausgezeichneter Ballettchef des slowenischen Nationaltheaters in Maribor und gefragter Shootingstar, scheut weder die Vermischung von Zeitgeistigkeit und Textreue noch Verfremdung. Lange schlichte Bänke verwandeln sich in Laufstege bzw. Orte, wo Frauen und Männer sich dynamisch gegenübertreten, oder Christus-Kreuz und (Auferstehungs-)Grab: biblisches Wiedererkennen – allerdings nicht 1:1! Der Männerkopf unter dem Frauenrock assoziiert Schwangerschaft, das gemeinsam in die Ärmel eines Jacketts geschlüpfte Paar liebevolle Nähe. Mit diesen Tableaus lässt sich gut leben. Verdienter Applaus für den gewagten Zusammenschluss der Sparten Orchester, Chor und Ballett.