Gemeinsam selbstvergessen
Sarah Siri Lee König und Peter Posniak spielen diese Szene so intensiv und selbstvergessen, wie es Kinder tun, wenn Alltagsobjekte eine magische Gestalt annehmen. Sie schauen neugierig zu, was da entstehen könnte, wenn sie etwa aus lauter kleinen Schrottgebilden, die an- und ausgeknipst werden können, ein kleines Orchester bauen. Sie blicken sich lächelnd an, sie helfen sich gegenseitig bei dem Auf- und Abbau von Szenerien, ohne ein Wort wechseln zu müssen: Eine große Vertrautheit herrscht zwischen beiden, auch eine Zartheit im Umgang miteinander, wie man sie viel zu selten auf der Bühne sieht. Kurz: Was König und Posniak da machen, ist grandioses Spiel.
Wenn man es sieht, liebt man es sofort, zumal als Erwachsener, der staunend zusieht, wie Drehstühle in Tanzobjekte verwandelt werden, oder wie akrobatisch kleine Bälle mit einem Kescher eingefangen werden. Oder wie das Konstanzer Denkmal, die Imperia am Hafen, sich nun als kleines Model durch den Raum dreht. Objekte mit anmontierten unterschiedlich großen Rädern scheinen autonom durch den Raum zu routieren. Am Schluss kommt es dann doch noch zu einem kleinen Duell: Beide lassen kleine Körner rieseln. Sie nimmt einen Besen, schiebt einen Weg durch die dünne Körnerlandschaft, er holt Kehrblech und Handfeger, kehrt auf, zerstört dabei die Wege, baut neu auf: ein Spiel ohne Verbissenheit, mit purem Spaß.
Generationen übergreifend
Obwohl „Kinderkram“ für junge Menschen ab drei Jahren kreiert worden ist, haben Erwachsene an diesem Spiel genau so viel Genuss, wie Kinder großen Spaß haben. Das liegt nicht nur am Thema des An- und Ausknipsens, auch nicht nur an den tollen Schauspielern, sondern auch daran, dass Spieler und Regie ihr Publikum ernst- und mitnehmen und zwar klein wie groß. Dazu hat das Theater Konstanz das Leitungsteam der seit 2003 in Köln ansässigen tanzfuchs PRODUKTION engagiert: die Choreographin und Regisseurin Barbara Fuchs, die auch die Ausstattung entwarf, und den Komponisten Jörg Ritzenhoff, der für „Angeknipst“ eine rhythmische Musik mit eingängigen Melodien geschaffen hat. Fuchs hat große Erfahrung mit dem Theater für die Allerkleinsten, aber auch in der Führung von Künstlerpersönlichkeiten. Wie sie einerseits König und Posniak dazu bringt, strikte Bewegungschoreografien wie beim „Tanz“ auf und mit den Drehstühlen einzuhalten, oder sich im Takt der Musik gemeinsam ohne Blickkontakt durch den Raum zu bewegen, und andererseits den Spielerpersönlichkeiten eine große Freiheit im Spiel mit den Objekten einräumt, ist faszinierend. Da sie zudem ein genaues Gefühl für Timing hat, ist in dieser Produktion einfach alles stimmig. Kurz: Tanz- und Objekttheater vom Feinsten für alle!