Krude quirlt Tieck verschiedenste Märchen-Motive zusammen – zu ziemlich starkem Stoff. Weir hat darüber ein gut durchhörbares Gespinst aus gemäßigter Moderne gelegt – hohes und tiefes Holz-Instrumentarium, Klarinette, Oboe und Fagott, wird sparsam mit Streicherklang durchsetzt, Harfe und Horn setzen zusätzliche Akzente; und da sich die Handlung fast eine Stunde lang, bis kurz vor Eckberts Schmerzenslamento am Schluss, vor allem solistisch voranbewegt, bleiben Sing- und Orchesterstimmen, von Paolo Bressan konzentriert und sensibel geleitet, durchgängig eng und sehr dicht miteinander verbunden. Mathias Rümmlers Bühne und Anke Techentins Inszenierung sind obendrein nicht der Versuchung erlegen, die finstre Fabel optisch aufzuladen – ein Vorhang aus goldenen Streifen genügt, ein Haufen Gold-Flitter im häuslichen Bettkasten, sparsame Videos von Wald und Vögeln, schließlich zwei karge Bäume und (als Maximum aus der Trickkiste des Theaters) Kaminfeuer im Video-Bildschirm sowie ein sparsam eingesetzter Spiegel, in dem fremde Spiegel-Bilder erscheinen können – das genügt. Schon Mülleimer, Staubsammler für die Hausfrau und bunte Cocktails sind des Guten eigentlich ein bisschen zu viel.
Durch Sparsamkeit aber verdichtet die Aufführung im E-Werk, der kleinen Schweriner Spielstätte, auch die dramaturgischen Absonderlichkeiten des kleinen Stücks – in dem die Titelfigur lange kaum etwas zu singen hat: die Geschichte wird allein von der rätsel-haften Bertha einem Freund der Familie erzählt. Danach sucht und findet Bertha voll tiefer Verstörung letzte Ruhe in der Goldtruhe – und Eckbert tötet (aus Angst um den Goldschatz) den Freund. Noch einen anderen trifft er, vor allem aber schließlich die magische Alte mit dem Vogel, die das eheliche Geheimnis lüftet – Christian Hees singt all diese Außen-Figuren, Frank Blees den Eckbert und Itziar Lesaka die Bertha. Katrin Hübner tiriliert den Vogel-Part, zu Beginn und immer wieder für ein Kind, das die Handlung als stummer Zeuge begleitet – und der kleine Spiel-Raum stärkt die Kraft aller Stimmen.
Judith Weirs Märchen-Phantasie aber darf in dieser Schweriner Fassung sicher als Entdeckung gelten.