Und es wird nichts versteckt, sondern offen Theater gespielt: Die blauen Wasser-Tücher werden abgezogen, Requisiten rein- und rausgetragen und auch die vermummten Puppenspieler sind sichtbar. So wird jede Figur komplexer: Der Sänger (alle Sänger in einheitlichem Schwarz) gibt ihr mit Stimme und Mimik Konturen, bewegt zugleich die rechte Hand der Puppe, für Kopf und linke Hand sowie die Füße sind zwei Spieler zuständig. Und so umarmt dann die Brünnhilde-Puppe den Wotan-Sänger, während die Wotan-Puppe mit gezücktem Schwert daneben steht. Oder die Siegfried-Puppe fliegt im Kampf mit dem Drachen (ein Dino-Knochenkopf links, der Schwanz rechts) hin und her. Die Freya-Puppe wird von den Riesen einfach in ein Schmetterlingsnetz gestopft. Und wenn Siegmund das Schwert „befreien“ soll, schaut Wotan erst von oben zu und hält ihm dann auf der unteren Ebene das Schwert entgegen.
Das alles macht weder die Wucht der – im Wesentlichen erzählten – Geschichte noch die der Musik kleiner oder niedlicher. Es fügt ihr eine spielerische, aber ernsthafte Komponente hinzu. Getragen wird die Aufführung zusätzlich durch vorzügliche Sänger, ob Máté Sólyom-Nagy als eher melancholischer Wotan, Stephanie Müthers ausdrucksvolle Brünnhilde oder Markus Petsch als Siegmund und Siegfried, dessen kühn geschnitztem Kopf er die entsprechende Stimme verleiht. Und auch die Kammerformation des Philharmonischen Orchesters Erfurt unter Samuel Bächli spielt keinen „kleinen“ Wagner, sondern leuchtet Farben, Akzente, Motive aus, eine „Kammeroper“ nur dem Namen nach. Nur das Gespräch zwischen Gunther und Hagen, mit dem die Täuschung Brünnhilds vorbereitet wird, mit Barmusikgeklimper zu unterlegen, war keine gute Idee, das bricht den sonst stimmigen musikalischen Rahmen dieser dreieinhalb Stunden. Zum melancholischen Schluß kauern sich noch einmal alle Puppen an den Wotan-Sänger und zurück bleibt allein die zusammengesunkene Puppe des Helden Siegfried.