Obgleich die Neuinszenierung des antiken Mythos zunächst schleppend beginnt, überzeugt die Darmstädter Aufführung im Laufe des Geschehens. Insbesondere die Zerrüttung Phädras durch die auf Rache sinnenden verlorenen Seelen verlangt Karin Klein einiges ab und verleiht der Tragödie eine existenzielle Tiefe. Die Schuld ist zeitlos, weil sie selten ein Vergessen zulässt. Benecke lässt ihre Figuren singen, um sich in der Musik eine Flucht zu erträumen. Doch der Einfall der Wirklichkeit zehrt an der Konsistenz einer Gegenwart, welche die Vergangenheit mit Luftschlössern zu überbauen versucht hat. Jener Spagat erfordert sowohl Sentiment als auch Mut. Beides liefert die Darmstädter Inszenierung, es überträgt die antiken Sagengestalten ins 21. Jahrhundert und zeigt anschaulich: Auch Helden und Gotteskinder sind Menschen.