Je länger der Abend allerdings andauert, desto mehr verliert er an Spannung. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen ist der Text ohne Übertitel nur in Ansätzen zu verstehen, obwohl das Ensemble sehr gut artikuliert. Zum anderen führt die gewollte Distanzierung zu einer szenischen Unverbindlichkeit, die der Oper mehr schadet als nützt. Musikalisch funktionieren die eingeflochtenen, von Klaus Simon für Kammerensemble arrangierten Lieder erstaunlich gut – auch die Nahtstellen sind sensibel verbunden mit dem Kontext. Allerdings bringen diese lyrischen Inseln die Balance innerhalb der Oper ins Wanken. Die Sehnsuchtsräume werden zu groß und zu idyllisch, um wieder glaubwürdig in den lakonischen, auch sarkastischen Tonfall des Werkes zurückzugelangen. Auch eingefügte Nebenhandlungen wie die angedeutete Liebesaffäre des Trommlers mit dem Kaiser verunklaren den Fokus. Die eigentliche Geschichte vom Tod, der seinen Dienst versagt und auf diese Weise das ganze diktatorische System zum Einsturz bringt, bleibt auf der Strecke. Auch musikalisch hinterlässt der Abend einen zwiespältigen Eindruck. Die Holst Sinfonietta setzt unter der Leitung von Klaus Simon zwar die Partitur, die häufig blitzschnell zwischen romantischer Überhöhung, Neuer Sachlichkeit und Einflüssen der Unterhaltungsmusik wechselt, solide um – es fehlt aber Homogenität im Klang und auch die Suggestionskraft. Gerade die einfach besetzten Streicher schaffen es kaum, das Ensemble zu einer Einheit zu verbinden und Atmosphäre zu schaffen. Auch gesanglich ist das Niveau zu heterogen. Am ehesten überzeugt noch Ekkehard Abele als sonor klingender Kaiser, der viel lyrisches Potential offenbart. Keith Bernard Stonums heller und leichter Tenor (Harlekin/Soldat) kommt in der extremen Höhe dann doch in Schlingern – genauso wie Lena Kiepenheuers kristalliner Sopran. Sibylle Fischer ist da als Trommler intonationssicherer. Dem darstellerisch sehr präsenten Nikolaus Meer (Der Lautsprecher/Der Tod) schließlich fehlt es an Geschmeidigkeit und Linie. Am Ende packt diese fahrende Theatertruppe wieder ihre Sachen zusammen und fährt zurück ins Nichts. Anno Schreier komponiert in seinem Epilog die Musik von Viktor Ullmann weiter, löst sie allmählich auf und kehrt wieder zum Ausgangspunkt mit den aufsteigenden Klavierklängen zurück. Ein paar verstörende Trommelschläge (Lee Forrest Ferguson) erinnern noch an UIlmanns Partitur, ehe die Musik Schreiers allmählich ausfadet und das Licht im E-Werk erlöscht.