Der zweite, dem römischen Dichter Ovid und seinen mythischen Metamorphosen gewidmete Teil zu Strawinskys (wiederum von der Philharmonie ausgeführten) „Dumbarton Oaks“ ist in seiner Struktur problematischer und muss eine ganze Reihenfolge von Verwandlungssagen mit Göttern, Nymphen und menschlichen Heroen tänzerisch umsetzen. Beispielsweise verwandelt Venus ihren Liebling Adonis in eine Blume, die von Jupiter begehrte Calisto wird von der eifersüchtigen Hera zur Bärin missgestaltet, die von Apollo verfolgte Daphne erstarrt als Lorbeerbaum. Das Bühnendesign zeigt mit griechischen Vasenbildern, die auf die Rückwand projiziert werden, den jeweiligen Mythos an, genauso wie die mit prunkvollen Goldkostümen sowie applizierten Attributen (wie Hirschgeweihhörnchen für den Jäger Aktäon oder Lyra-Saiten für Orpheus) ausstaffierten Protagonisten. Die Choreographie mit sich überblendenden Soli, Duos, Trios und Quartetten vermittelt in harten Konturen bewegte Bilder und Emotionen.
Ganz ohne anekdotische Beigaben kommt der abschließende, als „Metamorphosen“ übertitelte Teil des Ballettabends, der sich nur noch erinnernd auf Ovid bezieht, mit bizarr wuchernden Ensembles daher, aus denen sich immer wieder einzelne Paare lösen. Die Akteure sind in schwarze Anzüge mit langen Hosen und Cutout-Sakkos gekleidet und setzen zu den monoton repetierten Tonfolgen der „Metamorphosis“ von Philip Glass, die Yonatan Cohen am Flügel interpretiert, metallisch silberne Tierkopfmasken auf und ab. Manche agieren auf flachen Sohlen wie tänzerische Dampfmaschinen, hampeln und zittern wie Parkinson-Patienten, erleiden epileptische Spasmen oder landen fallsüchtig am Boden. Schließlich öffnen alle ihre Münder zu lautlos-pantomimischen Munch-Schreien, was ihre Gesichter in Fratzen verzerrt. Ein prekäres gesellschaftliches Beziehungsgeflecht scheint sich krankhaft aufzulösen. In diesen Szenen leuchtet die Handschrift von Markowitz, der vom Tanztheater kommt und von seinen Ausstattern (Bühne von Philipp Contag-Lada, Kostüme von Marco Falconi) kongenial unterstützt wird, mit besonderer Intensität auf. Eine spannende und erregende Tanzinszenierung.