Dath aber belässt es in seinem Text bei Stereotypen, gegen die das Ensemble nicht ankommt und die durch die Regie zusätzlich verstärkt werden. Ohne Schuld ist hier keiner: Die Galeristin hat Doro die Teilnahme bei einer Ausstellung versaut, weil diese (Typ desorganisierte Künstlerin) mit ihrer Video-Installation nicht rechtzeitig fertig wurde; die Männer (untreu und wortbrüchig) haben sie ausgenutzt und hängengelassen. So ungefähr lauten die Vorwürfe. Nun ja. Die hier verbliebenen sind womöglich die letzten Überlebenden der Spezies Mensch. Denn die Kunst der Doro Coppe spielte mit der Wahrnehmung und ihrer Manipulation – von einer provozierten Massenschlägerei im Kölner Museum Ludwig bis hin zur Ausrottung der Menschheit.
Jan Steigert hat einen laborartigen, von Gitterzäunen umgrenzten Raum gebaut, der im Hintergrund von einer Art (Flughafen-)Tower überwacht wird. Von hier aus beobachten die Grünkittel den Verlauf ihres Experimentes, während im Hintergrund und an den Seiten Video-Projektionen Einblicke in Doros Kunst gewähren. (Auch diese Inszenierung ist eine Herausforderung für die Wahrnehmung.) Unterbrochen wird das Ganze durch Auftritte von einer Figur namens „Bild“, die von ihrer Kunst berichtet (und leicht als Doro zu identifizieren ist). Linda Elsner spielt sie als eine, die sich selbst unbedingt ins Zentrum allen Geschehens stellt.
Was hier gezeigt wird, ist leider weder beängstigend noch witzig, höchstens hie und da unfreiwillig komisch, wenn die Figuren unnatürlich unter den Elektroschocks zucken oder wenn am Ende alles in einer Art Slow-Motion-Splatter-Movie ausartet. Dann fuchtelt der Chirurg (der übrigens „Stier“ heißt und einen Ring in der Nase trägt) mit einer Axt, der Forscher Hark mit einem Hackebeil herum, der Künstler Sven ritzt sich die Stirn auf und taumelt blutverschmiert durch den Raum. Nichts hier tut wirklich weh, alles kratzt lediglich an der künstlichen und sterilen Oberfläche. Wenn der treulose Geliebte an den Turnbock getaped wird, droht der Stier, ihn mit einem monströsen Gummidildo zu vergewaltigen, entlässt ihn dann aber doch in die Freiheit. Die Grenze zu echtem Schmerz (oder echter Erkenntnis) übertritt dieser Abend nie, das alles muss einen nichts angehen. Dafür sind die Bilder, die Bücker findet, zu artifiziell. Und dafür ist vor allem der Text zu konstruiert und verworren. Was an diesem Abend nötig war, das bleibt hier die Frage. Zum Brechtschen Lehrstück, auf das immer wieder angespielt wird, reicht es nicht. Es bleibt beim Zitat.