Die Musik als Pendel
Wie das Lot der wandelbedürftigen, nimmerstillen, menschlichen Seele pendelt derweil die Musik vom Crescendo zum Decrescendo. Sie mutet stellenweise zum Defilieren an und geht dann – pausenlos – in popige oder träumerische Tonspuren über. Damit gerade letztere sich atmosphärisch gänzlich entfalten, erscheinen als einziges Kulissenelement im Laufe des Abends kleine, von der Decke herabfahrende Glühbirnen. Inmitten der weitestgehenden Finsternis erinnern sie an Sterne. Sie repräsentieren das Außerhalb jenseits der Gruppe. Sie stehen vielleicht für eine ferne Transzendenz, die schon am Anfang der Inszenierung angedeutet wird. Denn an mehreren Stellen strecken die Tänzer:innen ihre Hände wie zum Kuss gen Himmel. Und immer wieder weist ihr Blick auf ein fernes Oben. Gibt es etwas, das uns lenkt und behütet? Und den Rhythmus des Lebens vorgibt? Zumindest sehnt sich der Mensch danach, der bei Sharon Eyal zu allen Entgrenzungen befähigt ist.
Geraten wir als Zuschauer dabei nicht in eine faszinierende Trance, so reißt uns die Performance mit aller Kraft in den Rausch mit. Während der musikalischen Höhepunkte gerät man regelrecht in einen sich von einem oder mehreren Tänzer:innen entfaltenden ekstatischen Zustand. Nicht einmal am Ende kommt das Bühnengeschehen zum Stillstand. Noch bei sich schließendem Vorhang präsentiert sich die Gruppe in Anspannung und Gleichschritt. Überblendet wird dieser Abgang lediglich von Standing Ovations eines euphorisierten Publikums. Worte können diesem wundervollen Abend bar jeder Sprachlichkeit und Handlungslogik nicht gerecht werden. Er ist einfach stark, überwältigend in jedem Bruchteil einer Sekunde.