Eine Wutschrift publizierte Oliver Kluck bereits vor der Uraufführung gegen das Vorwort im Spielzeitheft des Volkstheaters, in dem die Rostocker Kultursenatorin Liane Melzer (SPD) behauptet, Theater vemittele Bildung und Kreativität. Kluck schreibt, das Theater definiere sich vielmehr durch seine „Diskurskraft, die es in die Stadt hinausträgt … das Bereiststellen von Unruhe, Unordnung und Unsicherheit ist die tatsächliche Leistung des Theaters.“ Ob das mit dem aktuellen Stück gelingt? Immerhin wirken die Themen etwas angestaubt. DDR-Bürger fiebern im Chor dem Anschluss an die Welt entgegen, ein Stefan Aust beweihräuchert sich als Anwalt der stasi- und wendetraumatisierten Ostdeutschen, Punker besetzen Sylt, weil dortige Entscheidungsträger die Schöner-Leben-Insel für Schönes-Wochenende-Ticket-Nutzer unerreichbar machen wollen, um nicht länger von Billigtouristen gestört zu werden. Das alles war Anfang, Mitte der Neunziger. Klucks komponiert drumherum ein Gespinst aus den Medien abgelauschter Textfragmente, macht Stimmen hörbar voller Welt-, Kunst- und Medienhass, gibt aber keine Hinweise, wer welche Passage spricht, verweigert Plot und Regieanweisungen.
Diesen künstlerischen Freiraum nutzt Regisseurin Sonja Hilberger kaum. Sie bündelt Textpassagen zu Klischee-Figuren, inszeniert alles als Kabarett-Programm im Stile einer Talkshow-Parodie und ist dabei sehr um Witzverständlichkeit bemüht. Darsteller erklären sogar Fremdworte, die Kluck dem Textkonvolut eingeschrieben hat. Allgemeinverständlich wird so der Hass der Etablierten auf Punks genauso lustig dargeboten wie der Hass der Punks auf die Etablierten. Unangestrengt changierend und stets flachsend unterwegs ist das komödiantisch versierte Ensemble, agiert mal im Hallervorden-, mal im Krömer-, mal im Harald-Schmidt-Idiom. Zum Diskurs über Wutpotenziale aber kommt es nicht. Kluck liefert halt nur eine Ansammlung von Wutanlässen, die in Rostock nicht wütend machen, sondern schmunzellässig bestens unterhalten. Auch das ist allerdings Punktheater: Scheitern als Kunstform. Die Weigerung, vorhandenes künstlerisches Können auszustellen, statt dessen das vermeintlich Minderwertige betonen: bürgerliches Lachtheater.