Mehr Schein als Sinn
In „Wunderland“ werden alte Märchenmotive zu Aktionen in einer virtuellen, sinnentleerten Medienwelt, die durch die Entwertung aller Werte gekennzeichnet wird. Statt sich allerdings ernsthaft auf dieses wichtige Thema einzulassen, werden die Handlungen parodistisch gesetzt und im Spiel zu reinem Trash. Da Hempel, Schädler und Calendal alle Rollen des Stücks abwechselnd erzählen, sind schnelle Verwandlungen angesagt. Wie im „klassischen“ Erzähltheater werden Kostümteile wie Schleier oder Reifrock ständig ausgetauscht. Wenn auch am Anfang die einzelnen Figuren und ihre Ausstattung vorgestellt werden, verliert das Publikum am Ende den Überblick, wer denn im Augenblick wen darstellt. Hinzukommt, dass die Wechsel den Spielfluss unterbrechen, was trotz der großen Spielfreude des Ensembles das Timing ausbremst. Da hätte der Inszenierung ein „Auge von außen“ gutgetan.
Das trifft auch für die Entscheidung der Gruppe zu, eine Darstellungsweise zu wählen, die Spielmethoden des alten Laientheaters groß zu karikieren versucht, in ausholenden Gesten und in den Stimmen. Das kann nur gutgehen, wenn das Timing stimmt und das Ensemble Stimmtechniken beherrscht. Spielfreude und Spaß am Klamauk können diese Defizite nicht aufheben, zumal wenn unklar bleibt, was eigentlich erzählt werden soll: Am Ende erwacht die Influencerin Alice und alles war nur ein Traum. „Nichts ist, wie es scheint“, soll nach dem Willen der Gruppe die Botschaft sein. So steht es auch im Programmflyer: „Gut ist mindestens genau so viel böse, und manche Dinge stehen einfach Kopf, zumindest im Verhältnis zu unserer Realität – denn in WUNDERLAND ist Autofahren etwas richtig Gutes.“ So what?