Conni in Regensburg

Komplett durchschnittliche Überfliegerin

Hannah Haberberger : Conni scheißt auf alles

Theater:Theater Regensburg, Premiere:29.03.2025 (UA)Regie:Rachel Müller

Poetry Slammerin Hannah Haberberger schreibt eine Bühnenfassung des bekannten Carlsen Kinderbuches „Conni” für das Theater Regensburg. In dieser Uraufführung inszeniert Rachel Müller eine Conni, die mit Imperfektionen und der Realität von weiblicher Sozialisation kämpft.

In etwa so wie Margot Robbies Barbie aus Barbie Land in das reale Los Angeles, fällt Conni Klawitter, berühmt durch die Buchreihe aus dem Hause Carlsen, aus den perfekten weißen Schäfchenwolken, als sie an ihrem 35. Geburtstag merkt, dass keiner zu ihrer Feier gekommen ist. Sonst kriegt und kann Conni alles: Hausaufgaben, Reiten, Ballett, beim Fußballspiel das entscheidende Tor schießen, Mann, Haus, Kinder, Schokokuchen, Nettsein – alles eben! Nur jetzt steht sie vor einem unlösbaren Problem. Was hat sie bloß falsch gemacht?

Das Theater Regensburg hat sich mit Hannah Haberberger gleich in dreifacher Hinsicht eine besondere Autorin ausgesucht. Antje Thoms, Leiterin der Sparte Schauspiel, hat Haberberger auf einem Poetry Slam im März 2023 mit einem Text zu Conni gehört und im Anschluss eingeladen, für das Theater zu schreiben. Haberberger ist erst 25 Jahre alt, steht sonst selbst mit ihren Texten auf der Bühne, und landet gleich noch mit ihrem Erstlingswerk „Conni scheißt auf alles” einen Volltreffer.

Eine nicht perfekte Conni

Sicherlich hat Haberbergers eigene Bühnenerfahrung damit zu tun, dass es keine Minute der Langeweile gibt. Regisseurin Rachel Müller und die drei Darstellerinnen Anna Kiesewetter, Johanna Kunze und Katharina Solzbacher zementieren die poetische und inhaltliche Dichte ihres Textes noch. Als auffällt, dass irgendwas anders ist als sonst, dass Conni nicht das bekommt, was sie will und eben mal nicht alles perfekt läuft, rekonstruieren die drei Szenarien aus Connis Vergangenheit, um herauszufinden, was schief gegangen ist. Meistens spielen zwei, während die dritte dirigiert, wie die Szene zu laufen hat.

Conni Regensburg

Johanna Kunze, Anna Kiesewetter & Katharina Solzbacher Foto: Tom Neumeier Leather

In einer Kostüm-Mischung aus Weird Barbie und kindlich-buntem Layering demonstriert dieses Spiel, wo unsere Gesellschaft sich an toxische und patriarchale Strukturen so sehr gewöhnt hat, dass alles andere falsch erscheint. Papa macht statt Mama die Elternzeit? Geht nicht, bei Vater-Mutter-Kind hat sich gefälligst die Mutter zu kümmern. Die Barbekanntschaft in Ruhe lassen, wenn sie Nein sagt? Bloß nicht, Männer kennen aus Prinzip kein Nein. Wie, Yoga ist nicht entspannend für dich? Haste dich halt nicht genug angestrengt. Du hältst nicht viel von einer Skin Care-Routine in acht Schritten? Aber die Falten! Wehe, man zeigt eine positive Einstellung zum Altern, oder zu einem Körper, der anders geformt ist als eine Sanduhr, oder – Gott bewahre – zum Eingestehen von Fehlern.

Dekonstruierte Conni

Klingt so, als könnten die meisten von uns, und insbesondere weiblich sozialisierte Menschen, Connis Pony gut gebrauchen, das wie eine Deus ex machina angehotte-hüt kommt und uns sagt, dass wir uns auch mal mit dem Durchschnitt wohlfühlen dürfen. Bei Haberberger dekonstruiert sich Conni erstmal selbst, mit neu entdeckter Frechheit, Techno und Bohrmaschinen. Bleibt nur die Frage, wann wir endlich Titel wie „Conni hat keine Lust auf Schule”, „Connis erster Vollrausch”, „Conni demonstriert für die Mietpreisbremse” oder „Connis erste U-Haft” lesen dürfen. Carlsen-Verlag, wie wär’s?