Öfters gab es im Publikum Unruhe, erstaunlicherweise jedoch nur bei den Schimpftiraden, nicht, als sich Liddell mit Blut beschmierte, in ihre Vagina griff, und sich rote und möglicherweise auch andere Flüssigkeiten aufs Brot schmierte und dieses genussvoll verzehrte. Das sich Verzehren nach Sinn, nach dionysischem Eros, nach extremer Sinnlichkeit durchzieht den Abend wie ein blutrotes Band. Wo sind die alten, neuen radikalen Künstler? Wo ist heute ein Antonin Artaud? Die Antwort wiederum fällt leicht: Liddell ist die neue Artaud(e). Allerdings glücklicherweise ohne dem wirklichen Wahnsinn des Erfinders des Theaters der Grausamkeit anheim zu fallen. Zumindest bisher. Angélica Liddells neues Projekt ist ein Ereignis, eine Messe, eine schrille Meditation. Und ein Gegenmodell zu dem, was etwa ein Frank Castorf gern stundenlang brüllend-aufgekratzt auf der Bühne zelebriert, ohne jedoch nur annähernd solch eine Intensität zu erreichen.