Dieser „Sommernachtstraum“ ist der des Trolls Puck. Gabriel Mathéo Bellucci mit hoher Frisur, die gelb ausfranst, tanzt ihn athletisch mit großem Furore mit artistischen Sprüngen und ausholenden Bewegungen mit den Händen, vor allen Dingen mit einer Spielfreude, die deutlich macht, welch teuflisches Vergnügen dieser Puck an seinem Treiben hat. Er ist hier der Meister des Spiels, ein wahrer Wirbelwind, der sich nicht nur in der Bewegung zeigt, sondern auch in seinen pantomimischen Gebärden. Wie überhaupt Feistel in seiner Chorografie ähnlich zum klassischen Ausdruckstanz stark mit pantomimischen Momenten arbeitet. Das betrifft vor allem das Spiel der beiden jungen Liebespaare Hermia (Maya Mayzel) und Lysander (Magnum Philliby), Helena (Seungah Park) und Demetrius (Yoh Ebihara), deren Leidenschaft sich in dem Abrollen über den Körper des Anderen, über viele Sprünge, Pirouetten und gestische Gebärden mitteilt. Gaëtan Chailly als Vater der Hermia tritt auch als Zeremonienmeister auf, stets mit Strohhut, schon mal mit Plakat zu einem „Casting“ für das große Hochzeitsfest werbend.
In der Tat finden sich zwei Handwerker, Ursula Frühe und Alekseij Canepa als Zettel, der vorübergehend in einen Esel verwandelt wird, die erst einmal anfangen, aus alten Bierholzkästen eine Bühne auf einem Wagengestell zu zimmern. Eine kleine Pappkulissenbühne entsteht, wie man sie von Abbildungen aus dem 18. Jahrhundert kennt. Zunächst wird diese von Puck benutzt, um einen Rocksänger zu posen, dann beherrscht ein Radio aus den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts die Szene, daneben ein alter Grammophon-Trichter. Merkwürdigerweise aber wird diese Bühne nicht bei der Aufführung vor dem Hofstaat bespielt, sondern Puck agiert als Thisbe im knallroten Kleid vor dem Bühnenwagen, assistiert von Canepa als Pyramus und Frühe als Mauer und Löwe.
Was wäre aber ein „Sommernachtstraum“ ohne den Ehezwist zwischen Oberon und Titania, hier in der Doppelrolle mit Theseus und Hippolyta? Während sich Edoardo Dalfolco Neviani und Alba Pérez González in den Rollen der athenischen Herrschaft bzw. der unterworfenen Amazonenkönigin eher staksig wirken, entfalten sie in ihren Rollen als Oberon sich einprägsam energetisch, und als Titania sehr agil, zwischen anschmiegsam und aggressiven Ausbrüchen changierend. Hier ist man nicht auf den indischen Knaben eifersüchtig, lässt Titania auch keine Welt abbrennen, sondern hier geht es um die Beschwerde gegen das Treiben von Puck, der Oberon dazu treibt, mit der Mohnblume (Nora Paneva) seine Frau (und die jungen Leute und Zettel) zu verzaubern, während rundherum die Elfen und sechs Kinder tanzen. Am Ende formieren sich dann alle Paare zu einem „Hochzeitszug“ auf, die Kulisse hinten verwandelt sich in ein Schattentheater, auf dem die Stämme der Bäume nun abstrakt in Schwarz auftauchen.
„Ein Sommernachtstraum“ wird hier zu jenem Elfenzauber, wie man ihn gespielt und getanzt hat, bis das Buch von Jan Kott, „Shakespeare heute“, erschien. Merkwürdigerweise zitiert das Programmheft den polnischen Autor, nur, von der Brutalität der Beziehungen, wie er sie beschreibt, ist hier wenig zu sehen. Die Spielfreude des Ensembles hingegen wirkt ansteckend, auch wenn sich im Verlauf des über zweistündigen Abends vor 150 Zuschauern das gestisch-choreografische Repertoire wiederholt.