Foto: Szene mit Thomas Loibl (Florindo Aretusi) und Michael Maertens (Truffaldino) © Matthias Horn
Text:Tobias Gerosa, am 4. April 2014
Schauspielhausdirektorin Barbara Frey nimmt sich in ihrer Inszenierung von Goldonis „Diener zweier Herren“ zurück. Das funktioniert bestens, weil sie die Arbeit schon bei der Planung bestens gemacht hat und eine bis ins letzte glänzende Besetzung aufgeboten hat. Sie zurückzubinden, zu reduzieren und dann einfach spielen zu lassen, macht diesen kurzen Abend zum reinen Vergnügen.
Drei graue Gassen als Bühnenbild (Bettina Meyer hätte ohne Verlust sogar darauf verzichten können, sie manchmal etwas verschieben zu lassen), italienische Anzüge für die Herrschaft und billige Konfektionsware für die Diener (mit der kurzen Schulbubenhose für Truffaldino landet Esther Geremus allerdings den ersten grossen Lacher): Die Ausstattung der Neuinszenierung von Carlo Goldonis Klassiker auf der Pfauenbühne des Schauspielhauses Zürich bleibt einfach. Einfach wie die Handlung, die trotz ihrer Verwicklung höchst absehbar abläuft, bis sich die drei Paare schließlich doch richtig finden. Aber anders kann es auch nicht gehen, wenn man dieses Stück spielt.
Wer allerdings das anarchische Spiel aktivieren und aus den Figuren Charaktere herauskitzeln kann, hat schon gewonnen. Barbara Frey erreicht das, indem sie ihren Figuren ganz klare verbale und körpersprachliche Prägung gibt: Dottores Hände in der Weste, Florindo mit einer Haltung wie Adriano Celentano oder konstantes Schmollen (Marie Rosa Tietjens Clarice). Die brechtschen Schrifttafeln, mit denen die trippelnde Smeraldina jeweils die Orte anzeigt, führen denn auch auf eine falsche Fährte wie Friederike Wagners gebrochenes Unterschichtsdeutsch – dass darin Italienisch anklingt, ist wohl mehr Referenz an die Herkunft des Stückes als auf eine zweifelhafte helvetische Tradition, die den Gegebenheiten längst nicht mehr entspricht. Italienisch, oder wenigstens dem Cliché davon, mutet auch das fast ununterbrochene Geschnatter, die _chiacchiere_ der Figuren an. Wenn Dialoge daraus entstehen oder hineinmünden, ermöglich es der Regie rasche und elegante Übergänge. Zusammen mit dem hohen (Sprech-)Tempo, das etwa Lambert Hamel als Dottore Lombardi ohne Punkt und Komma oder Thomas Loibl als auch sprachlich aggressiver Florindo zelebrieren, ergibt sich trotz gerade einmal achtzig Minuten ein Sog, dem man sich schwer entziehen kann.
Robert Hunger-Bühler und die etwas zurückgebunden wirkende Caroline Conrad liefern in Pantalone und Beatrice fachentsprechend ernstere Spuren in die Komödienmechanik ein, ohne sie aber je bremsen zu wollen – andeuten reicht völlig. Anders Michael Maertens‘ praller Truffaldino. Mehr als seine ständig knallenden Hosenträger lässt sein ölig nölender Grundton diesen Diener ziemlich klar nicht auf die schlaue Seite kippen. Natürlich macht das großen Spaß beim Zuschauen, wie Dummheit meist lustig wirkt. Dass sie aber nie kippt und zum Selbstzweck wird, ist die größte Leistung von Barbara Freys Regie. Sie lässt die Maschinerie schnurren, lässt in der zusammen mit Dramaturg Thomas Jonigk erstellten Fassung Modernisierungen der Sprache zu – aber sie hält die Zügel straff, kanalisiert die Spielfreude und sorgt so dafür, dass das Leichte wirklich leicht wirkt, auch wenn die Auflösung am Schluss fast verweigert wird.