Peter Kurth in "Die Wohlgesinnten" nach Jonathan Littell.

Spiegel-Konfrontation

Jonathan Littell: Die Wohlgesinnten

Theater:Maxim Gorki Theater, Premiere:24.09.2011Regie:Armin Petras

Drei Farben. Schwarz grundiert Armin Petras den ersten Akt, d. h. “Die Jagd”. Ganz in Rot ist der zweite, genannt “Die Weihnachtspyramide”. Weiß zeigt sich der dritte “Im Lazarett” “Farblos/ nackt” dagegen der vierte, “Im Tunnel” überschrieben, in dem am Ende wie in der “Orestie” des Aischylos tatsächlich die Eumeniden angerufen werden, die “Wohlgesinnten”, als ob sie Dr. Max Aue von seiner Schuld befreien könnten.

“Die Wohlgesinnten” nennt Jonathan Littell seinen 1400 Seiten starken Skandalroman, der die Nazi-Gräueltaten aus der Tätersicht beschreibt, als Innenschau eines SS-Obersturmbannführer. Als solcher sitzt Peter Kurth mitten unter den Zuschauern, die sich in einem überdimensionierten Portalspiegel mit sich selbst konfrontiert sehen. Und er ist es denn auch, der im Prolog nach ein paar Minuten des Schweigens als einer der ihren das Wort ergreift: “Ich will hier nicht behaupten, ich sei an diesem oder jenem nicht schuldig. Ich habe meine Arbeit getan. Mehr nicht.” Sein selbstzufriedenes, wenn auch zynisches Resümee: “Ihr seid nicht schuldig, wie schön für euch! Ihr habt vielleicht mehr Glück gehabt hat als ich. Aber ihr seid nicht besser.”

Die “Arbeit”: das meint in diesem Falle nicht allein das Massaker von Babyn Jar, dem mehr als 33.000 jüdische Männer, Frauen und Kinder zum Opfer fielen, und die Schlacht um Stalingrad, die unzähligen Soldaten das Leben kostete. Zur “Arbeit” gehört auch der ganz persönliche Mord an der Mutter und am Stiefvater, mit dem der Mann im blauen Wollpullover das inzestiöse Liebesverhältnis mit der Zwillingsschwester vertuscht. Immer wieder wird davon berichtet – und das zumeist im Chor auf der kaum einmal geöffneten Bühne, zu dem sich Max Simonischek (als jüngeres Alter Ego des Protagonisten) ebenso wie Cristin König, Anja Schneider, Aenne Schwarz und Thomas Lawinky (in wechselnden Rollen) vereinen.

Das ist natürlich gedacht als eine Anspielung auf das antike Drama. Das ist aber auch nicht zuletzt der Vorlage geschuldet, deren Materialfülle Armin Petras als Bearbeiter und Regisseur nur dadurch in den Griff bekommt, als er ganze Textpassagen einfach aufsagen lässt. Alles szenische Beiwerk wirkt dagegen künstlich aufgesetzt – und keineswegs als ein Theater, das dem Publikum neue Perspektiven eröffnet. Und sei’s nur, indem es sich in den Täterfantasien möglicherweise bespiegelt.