„Ich habe meine Tage, ich will Fleisch!“
Denn erstmal wird drauflos theatert, dass die Bretter krachen: bizarr bis zum Nonsens, aufgeladen mit politisch korrektem Schwurbel: postkolonialistisch, postfeministisch, postgenderistisch, postdramatisch, postkommunikativ, postinterpretatorisch – und postpolitischkorrekt: „Ich habe meine Tage, ich will Fleisch!“ Da geht die Post ab, aber richtig! Wenn das Publikum dabei so begeistert mitgeht, fragt man sich allerdings manchmal, ob nicht auch gescheiterte Provokation mit ihm Spiel ist. Aber egal, denn Marlene Goksch, Lilly Gropper, Susanne Höhne, Lucia Peraza Rios und Mona Sumaia Rode machen das grandios: Lucia Peraza Rios legt einen furiosen Ausflug ins Publikum hin, Monia Sumaia Rode schwört Rache an allen, die sie als Abschaum ausgeschlossen haben, Lilly Gropper gedenkt der Einsamkeit des Monsters. Damit findet diese Show dann doch noch zu verhaltenen Tönen und damit zu einem thematischen Kern. Man ahnt, dass vieles von alledem in spielerischer Improvisation entwickelt wurde und dass es gerade deshalb von den Frauen so stark herüberkommt.
Dass das Theater Lübeck diese Show im Großen Haus präsentiert, zeugt vom Mut des neuen Schauspieldirektors Malte C. Lachmann. Der wurde zumindest insoweit belohnt, als die Premiere zwar längst nicht ausverkauft war, das anwesende Publikum aber überwiegend begeistert reagierte, bei den Schluss-Ovationen sogar standing and cheering. Babett Grube war da nur per Tablet zugeschaltet, das Lan Anh Pham in Händen hielt; sie musste in der letzten Woche aufgrund eines Infekts per Video Regie führen. Was aber offenbar prima funktioniert hat.