Foto: Ensembleszene mit Chor und Extrachor der Wuppertaler Bühnen: Wagners "Der fliegende Holländer". © Uwe Stratmann
Text:Klaus Kalchschmid, am 19. September 2011
Das große Duett des Holländers mit Senta ist die stärkste Szene der Oper und gerinnt am Ende zum anrührendsten Bild des pausenlosen Abends: Beide haben die Arme ausgebreitet, er als Schmerzensmann den Kopf geneigt vor ihr, sie gleichsam das Kreuz bildend hinter ihm. Gespielt wird in Wuppertal die späte Fassung mit Erlösungsschluss: über Nebeln, die auch Gischt sein könnten, geht das Paar langsam aufeinander zu, bevor sich nach den letzten Takten langsam der Vorhang senkt.
Regisseur Peters-Messer hat sich von Lichtdesigner Guido Petzold eine abstrakte Bühne entwerfen lassen: Das Holländerschiff bildet ein stilisiertes Segel aus Scheinwerfer-Batterien; das Dalandschiff deuten grobe Seile an, die in der Gasse fixiert sind; am rechten Proszenium lässt sich eine turmhohe Sprossenleiter besteigen; dem Bild des Holländers entspricht ein aus sich leuchtendes weißes Quadrat im Bühnenboden des ansonsten schwarzen, leeren Raums. Die ebenfalls schwarzen Kostüme aus schillernden Stoffen spiegeln die Entstehungszeit, Gothic Novel und Fantasy-Filme stehen Pate.
Stilisiert und karg die Regie, wenn es um das tragische Paar geht, kleinteilig verspielt – Musik und Text entsprechend – geht es in der Welt Dalands zu, den Michael Tews als knorrigen, unangenehm auf Profit bedachten, jovialen Seebär singt. Mary (Miriam Ritter) kontrolliert wuselig ihre Mädchen, die weißen Brautkleider nähen, Christiam Sturm führt als Steuermann mit lyrischer Tenor-Intensität, perfekt artikulierend und phrasierend die Matrosen an, die lustiges Seilziehen und eine Schlange spielen, die rückwärts läuft. Männer wie Frauen von Chor und Extrachor Wuppertal sind hier mit bemerkenswert homogener, raumfüllender Intensität bei der Sache.
Johan Weigel verkörpert Erik mit kompaktem, in Mittellage und Tiefe besonders intensiv leuchtendem Tenor als verdrucksten, steifen Jäger, dem in seinem verzweifelten Kampf um Senta eigentlich alle Sympathien zufallen sollten. Doch die bekommt der Holländer, von Kay Stiefermann weniger dämonisch als mit noblem, elegantem, fast jugendlichem Bariton gesungen und damit mehr als nur Mitleid erregend. Eine Sensation ist die Senta von Allison Oakes, die mit hervorragend fokussiertem dramatischem Sopran nicht nur schön klingt, sondern enorme Reserven für die heikle Partie besitzt.
Hilary Griffith beginnt mit wild aufschäumender Ouvertüre und setzt in der Folge auf ein in eher langsamen Tempi entfaltetes, durchsichtiges Klangbild, in dem keine Nebenstimme vernachlässigt wird. Leider geht das trotz exzellenten Spiels des Sinfonierorchesters Wuppertal manchmal auf Kosten der Spannung.