Foto: "Der Theatermacher" am Theater Paderborn. Thomas Heller und Franz Froschauer © Harald Morsch
Text:Stefan Keim, am 7. Juni 2013
Der „Theatermacher“ als Freiluftaufführung ist eine völlig absurde Idee. Denn Thomas Bernhards wilder Wortschwall, die radikal selbstreflexive Hassliebestirade über das Theater, die Kunst und die Welt ist im Kern ein Monolog fast ohne Aktion. Bernhards Wahnwitz braucht Konzentration, einen abgeschlossenen Raum. So dachte man zumindest bisher. Und dann dieses Wasserschloss, ein Schmuckstück aus der Renaissance, das Schloss Neuhaus! Sein Innenhof ist die Außenspielstätte des Theaters Paderborn. In dieser Pracht die ersten Worte des Stückes zu hören – „Was, hier? In dieser muffigen Atmosphäre?“ – , das hätte eine unfassbare Reibung erzeugen, den Text ganz neu klingen lassen können.
Nichts ist draus geworden. Das Regieteam hat die Chancen nicht einmal erkannt und einfach mitten in den Hof einen hässlichen grauen Kasten gebaut, dessen Inneres aussieht wie das Gasthaus „Schwarzer Hirsch“ im fiktiven Utzbach immer aussieht, herunter gekommen, staubig, an der Wand Geweihe und ein Hitlerbild. Irmgard Lübke hat die Geschichte des durch die Provinz tourenden Ex-Staatsschauspielers Bruscon und seiner unterdrückten Familie brav vom Blatt inszeniert und keine einzige Idee gehabt, die mal aus der Konvention ausbrechen würde. Doch all das wird ja zur Kleinigkeit, wenn ein Schauspieler die Rolle an sich reißt, im Grotesken die Größe entdeckt, das Publikum mit Beleidigungen charmiert und hinter all dem Poltern Bruscons Momente der Zartheit und Verletzlichkeit entdeckt. Traugott Buhre, Ulrich Wildgruber, Kurt Böwe – jeder von ihnen hat diese Rolle anders und wunderbar geprägt.
Franz Froschauer entwickelt kein Gespür für die Ironie und Musikalität der Sprache. Was ihm auch die auf hundert Minuten gekürzte Textfassung erschwert, die viele Wiederholungen auslässt, die den besonderen Bernhard-Flow ausmachen. Vögel schreien, die Abendsonne beleuchtet das Schloss, all das scheinen die Schauspieler auszublenden. Man hätte auch eine Glasscheibe zwischen sie und das Publikum ziehen können, mikrofonverstärkt werden sie ohnehin. Das Team um die scheidende Intendantin Merula Steinhard-Unseld verabschiedet sich mit einer zähen, schlappen Vorstellung. Immerhin bleibt ihr Verdienst, durch anhaltenden Publikumserfolg den Bau eines neuen Stadttheaters ermöglicht zu haben. Das Feuer Bruscons, der auch in tiefster Provinz keinen Deut von seinem gewaltigen Kunstanspruch abweicht, scheinen die Paderborner Theatermacher allerdings nicht einmal von weitem gespürt zu haben.