Wie sich Männer selbst im Weg stehen
Der junge Schweizer Autor Lucien Haug erzählt in seinem Stück „My heart is full of Na-Na-Na“, als Auftragsarbeit für das Schauspiel Zürich entstanden, von toxischen Männlichkeitsbildern. In diesem Stück agieren vier Männer, die mit der, ihrer Wirklichkeit nicht zu Rande kommen. Da ist zum einen der Vater, der mit dem Tod seiner Frau seine fünfte Depression erlebt, aber keine Medikamente einnimmt und sich psychologischer Beratung entzieht.
Da ist der ältere Sohn, Alexandru, der als angehender Lehrer alles Bedrängende wegzudrücken versucht, auch um seinen jüngeren Bruder zu schützen. Florin aber hat seinen ganz eigenen Schutzmechanismus, bei dem er den Musiker Tearjerker verehrt, der 2008 die Schweiz erfolglos bei der ESC vertrat. Und der taucht nun just auf dem Dach des Hauses auf – wohl mit Suizidabsicht, denn er wird nach seinem Verschwinden aus der Psychiatrie gesucht.
Theater über die Hoffnung
Spannend ist, wie diese Vier sich zusammenraufen, sich gegenseitig ermutigen und auch zu Geständnissen ihres Versagens bringen. Alain, der Vater, kann am Ende wieder mit seinen Söhnen reden und Tearjerker tritt ein zweites Mal für die ESC an. In der deutschen Erstaufführung, die Kristo Šagor am Theater Konstanz inszenierte, läuft in der Präsentation seines neuen Songs, den er gemeinsam mit Alain und seinen Söhnen getextet hat, technisch alles schief.
Dann ist Black: Keine Lösung in Sicht, aber viel Hoffnung. Keine der Figuren will zugeben, an alten Männlichkeitsbildern zu scheitern. Es gibt nur ein Weiterso. Eine Ausnahme bildet dabei Florin, der als Einziger das Weinen lernt – und dabei als Hoffnung für eine andere, eine bessere Welt einsteht.
Verworrene Bühne
Im abstrakten Raum von Christl Wein-Engl, der zunächst leer ist und sich dann mit Wänden füllt, die von den Spielern hin- und hergeschoben werden, entwickelt sich mit der Metaphorik der Verstrickungen in den Figurenbeziehungen eine merkwürdige Symbolik. Da tauchen gestrickte Wülste in unterschiedlichen Formen auf, in denen sich auch die Akteure verstricken. Auch, wenn das Theater Konstanz seinem Publikum Strickkurse anbietet, wird hier die Symbolik übertrieben.
Die Stärke der Inszenierung von Kristo Šagor liegt in der Schauspielerführung. Wie er hier Ingo Biermann als Vater Alain zu einer konzentrierten Höchstleistung führt, ist allein schon sehenswert. Wie er im Morgenrock leicht verpennt agiert, erst mit Verspätung reagiert, wenn er angegriffen wird, sich sammelt, um sich zu verteidigen – das spielt Biermann in allen Facetten groß aus.
Schauspieler aus Konstanz halten die Balance
Da hat es Leonard Meschter als Florin, der mit seinem Vater lebt, schwer: Er, der Schuld am Tod seiner Mutter empfindet, aktiv an der Wiedereingliederung seines Vaters arbeitet, wird immer wieder überrollt von den Situationen. Er schafft nicht das, was sein älterer Bruder mit seiner Haltung durchhält: engagiert sein und doch über alles hinweg lächeln. Ioachim-Willhelm Zarculea macht das perfekt.
Jonas Pätzold ist Tearjerker. Seine Rolle ist am Anfang dämonisch angelegt, verwandelt sich im Laufe des Spiels in eine pädagogische Funktionsfigur. Dabei wirkt er eitel und gebrochen zugleich. Im Spiel von Jonas Pätzold wird zwischen beiden Polen balanciert. Da macht es Spaß zuzuschauen und den nicht perfekt vorgetragenen Songs (Musik: Sebastian Katzer) zuzuhören.