Szene aus "No Planet B"

Immer noch die gleichen Sorgen

Nick Wood: No Planet B

Theater:Theater Eisleben, Premiere:17.02.2024Regie:Michael Moritz

Das Theater Eisleben holt junge Menschen dort ab, wo sie seit einigen Jahren häufiger sind: bei den Klimaprotesten. Die Inszenierung von „No Planet B“ zeigt, wie lange schon um den Klimaschutz gerungen wird und dass es selten einfach ist – und spart dabei nicht mit Humor.

Die Klimakrise bringt die Menschen zum Verzweifeln. Auf der einen Seite stellen einige laut infrage, ob das wirklich etwas mit ihnen zu tun hat. Auf der anderen Seite stehen Menschen, die Angst vor der Zukunft haben und sich fragen, warum die Weltgemeinschaft nicht schon vor Jahrzehnten nötige Maßnahmen ergriffen hat.

So geht es auch Alex und noch mehr ihrer älteren Schwester Chris. Das Stück „No Planet B“ von Nick Wood (übersetzt von Anja Tuckermann und Guntram Weber) erzählt, wie die beiden sich immer mehr für den Klima-Aktivismus engagieren, und wurde bereits an zahlreichen Theatern gezeigt. Das Theater Eisleben, das kurz zuvor in einer finanziellen Krise steckte, zeigt mit dieser Produktion, wie es Debatten bereichern kann.

Ehrlicher Blick auf die Klimakrise

Ausstatter Jens Büttner hat einen riesigen, aufgeklappten Laptop auf die kleinere Foyer-Bühne gestellt – immerhin findet die Debatte auch im Internet statt. Zu Beginn ist Müll am Bühnenrand drapiert, den die beiden Geschwister gemeinsam mit ihrer Mutter aufsammeln. Sie berichten, wie sie sich für den Klimaschutz einsetzen und wo sie scheitern, weil sie eben doch noch mit dem Auto fahren. Auch der Autor schaltet sich ein, zum Unwillen der drei Menschen auf der Bühne, um zu sagen, dass auch er nicht der perfekte Klimaschützer ist. Ein wichtiger Punkt: Es stehen nicht auf der einen Seite die moralisch überlegenen Klimaretter und auf der anderen die sowieso ausgegrenzten Klimasünder – alle können nur versuchen das Beste zu geben.

Überhaupt bricht „No Planet B“ immer wieder angenehm mit den Konfliktlinien: Meg, die Mutter von Chris und Alex, die auch an deren Schule unterrichtet, unterstützt den Kampf ihrer Töchter tatkräftig. Dafür organisiert sie auch Nachmittagsunterricht, weil ihre Kinder ja ihre Chancen nicht verspielen sollen. Sie legt ihren Töchtern auch das Buch „Losing Earth“ von Nathaniel Rich nah, doch wieder muss erst der Autor seine Macht ausspielen und dafür sorgen, dass sie das Buch auch lesen. Das erzählt davon, dass der Kampf ums Klima nicht erst mit Greta Thunberg begann, sondern schon Al Gore beteiligt war und wie er gescheitert ist.

Eine Frau in senfgelben Pullover blättert in einem Buch, unscharf dahinter sind zwei Frauen zu sehen.

Mutter Meg (Franka-Anne Kahl) betont, wie wichtig das Buch „Losing Earth“ ist. Foto: Markus Scholz

 

Wandelbares Trio in Eisleben

Die dreiköpfige Familie schlüpft in die Rollen der drei Klima-Aktivisten aus den 80er-Jahren. Dabei fühlt sich Chris alias Ronja Jenke sichtlich wohl als Nasa-Forscher James Hansen mit einem breitkrempigen Hut, während Alex beziehungsweise Ida Karoline Dobrenz dem Umweltlobbyisten Rafe Pomerance eine alberne Note verleiht. Franka Anne Kahl, die als Gast am Haus ist, schlüpft nicht nur mit amerikanischem Akzent in die Rolle von Al Gore, sondern spielt neben der Mutter Meg auch den Schulfreund Jack, der den Internet-Auftritt des Klima-Bewegung organisiert, eine Reporterin und einen Lokalpolitiker. Ganz nebenbei streifen die drei auch das Thema Political Correctness, als Kahl/ Mutter Meg sich einen dunkleren Hautton schminken oder mit einem Akzent sprechen will. Die beiden anderen stoppen sie – zum Glück: die Worte des früheren Umweltministers von Kiribati brauchen das alles nicht.

Mit diesen Szenen macht das Stück „No Planet B“ auch deutlich, dass es beim Thema Klima eigentlich nicht um einen Generationskonflikt handelt. Vielmehr geht um die Frage, wie man sich dieser unfassbaren Bedrohung überhaupt entgegenstellen kann. Dabei schaffen des die drei Schauspielerinnen nach einer anfänglichen Eingewöhnungsphase viel Empathie für ihre Figuren zu wecken, die Sorgen und Ängste der beiden Schwestern nachvollziehbar zu machen.

Zwei Frauen hocken zusammengekauert nebeneinander vor der Projektion einer Gefängniszelle.

Am Rande einer großen Klima-Demo werden Alex (Ida Dobrenz) und Chris (Ronja Jenko) festgenommen. Foto: Markus Scholz

 

Klima-Theater mit Humor

Die Inszenierung von Michael Moritz verzichtet dafür abgesehen von einigen Einblendungen auf der Rückwand, die die Form eines Laptop-Bildschirms hat, auf große Spielereien. Mit simplen Mitteln lässt er die Geschichte erzählen. Dabei setzt er auch auf gut getimten Humor, der aber nicht die Ernsthaftigkeit überdeckt, sondern sie untermalt. Wo genau die kleine Familie lebt bleibt angenehm unklar: Die Namen und Verhältnisse deuten auf die USA hin, der Auftritt einer Reporterin von Stern TV verlagert die Handlung nach Deutschland. Das Stück spricht von einer kleinen Gemeinde, wie es sie überall gibt. Es geht hier um ein Problem, das über Ländergrenzen hinausgeht.

Am Ende wird die Bedrohung größer: Im nahen Stadtwald wird alles für Fracking vorbereitet – eine besonders invasive Form der Ölförderung. Die beiden Schwestern wollen nun alles auf eine Karte setzen, um das zu verhindern. Ein klares Ende (trotz eines etwas unnötigen Appells zum Schluss) gibt es in Eisleben nicht, denn ein Ende der Klimakrise ist noch nicht in Sicht.