Foto: Philippe Quesne: "Pièce pour la technique du Schauspiel de Hanovre". © Katrin Ribbe
Text:Jens Fischer, am 5. Juli 2011
„Hallo Jörg“, schallt es aus dem Premierenpublikum auf die Bühne. Dort hebt „Jörg“ den Arm, lächelt, grüßt zurück. Es wird auch anschließend viel zusammen gelacht über Gesten, Situationen, Arbeitsabläufe, Problemlösungen. Die Menschen im Parkettdunkel und die im Kunstlicht scheinen zutiefst vertraut – als Angestellte desselben Unternehmens. Der Liebling europäischer Theater-Festivals, Philippe Quesne, hatte bei Hannover-Gastspielen seiner Compagnie Vivarium Studio das Staatstheater-Personal hinter der Bühne derart schätzen gelernt, dass er es jetzt zum Hauptdarsteller einer Aufführung macht – und die sonst auf den weltbedeutenden Brettern lebenden Kollegen schauen zu. „Pièce pour la technique du Schauspiel de Hanovre“ möchte eine Ode sein an die Mitarbeiter der Werkstätten und Requisite, all die Techniker, die Magier der Lichtstimmungen und der dazu passenden Tonabmischungen. Quesne schafft einen Raum für die sonst unsichtbaren guten Geister. Sie sollen sich dort gemütlich einrichten, wo Regisseure sonst die ungemütliche Welt nachbilden.
So wird die Bühnenleere erstmal mit einer überdimensionalen Reproduktion von Théodore Géricaults „Floß der Medusa“ geschmückt. „Auch so eine Gruppe wie wir“, kommentiert einer. „Den in der Mitte find` ich gut!“, sagt ein anderer. Die Quelle der verbalen Kommunikation sprudelt in etwa so wie in Kaurismäki-Filmen: stotternd lakonisch. Was ästhetisch eine prima Entsprechung findet: Keines der Worte ist zu hören, aber stets als Übertitel zu lesen. Darunter spielen die Darsteller ihrer selbst mit der Illusionsmaschinerie, basteln aus Feuer, Nebel, Schnee, Gewitterklängen, Nikolaus-Kostümen und ausgestopftem Bambi ein weihnachtlichs Idyll, während die verschiedenen Segmente des Bühnenbodens auf und nieder tanzen. Die Mittel des Theaters werden selbst Thema des Theaters. Oder wie Philippe Quesne sagt: „Ich mag es, kleine menschliche Gemeinschaften in Szene zu setzen, denen es gelingt, sich miteinander zu verständigen und sich zu organisieren, und dass der Zuschauer Zeit hat, ihre Anwesenheit mit einer gewissen Seelenruhe zu betrachten.“ Nur ist es eben ein großer Unterschied, das Miteinander einer Gemeinschaft zu beobachten und mit den Beobachteten auf der Bühne nachzustellen, oder es mit Darstellern zu inszenieren. Wie es Quesne sonst mit seinem Ensemble macht. Wenn jetzt Hannovers Bühnen-Crew im gemächlichen Tempo das Showprogramm der Bühneneffekte und die eigene Gelassenheit vorführt, dann wirkt das souverän, aber eben auch undramatisch, zu beiläufig. Da hilft auch nicht mehr die sehr locker ausgestaltete Rahmenhandlung, die Bühne für eine Weihnachtsfeier herzurichten. Es wird geplaudert, man wuselt so dahin, es geht dabei um nichts – als ums Warten auf das erste Bier. Ein Insiderspaß. Für Outsider schnell langweilig.