Vor und hinter zwei Leinwänden, für die Bühne zeichnet Jens Kilian verantwortlich, sowie als weißgesichtige Schattengestalten agiert das vierköpfige Ensemble (Niklas Kohrt, Melanie Kretschmann, Sabine Perry und Philipp Plessmann) plus die kleine Statistencrew, stilsicher in Gehröcke gekleidet von Bengt Angelo Jensens Modelabel Herr von Eden. Es reist die Münder und Augen weit auf, wird von den Leinwandtexttafeln synchronisiert, ist mal im Schatten, dann wieder als Schatten zu sehen und gestikuliert wild über die Bühne. Traynors Bilder, die unter Beratung des Schattenkünstlers Philippe Beau entstanden sind, schaffen es aber trotz in sich geschlossener stilistischer Strenge leider nicht, der Musik etwas gleichermaßen kraftvoll-präzises entgegenzusetzen, bleiben erstaunlich brav und weit hinter der Eindringlichkeit von Murnau, Wiene, Lang, hinter der ästhetischen Brillanz, die Schattenspiel haben könnte, und hinter der poetischen Tiefe der Textvorlage zurück.
Und auch die gedanklichen Ansätze, die der Regisseur im Programmfaltblatt äußert, unter anderem dass im technologischen Zeitalter Doppelgänger vielleicht anders als in der Romantik gedacht werden müssten oder dass Andersen eine besondere Leidenschaft für die Geistermaschine des Fotoapparats entwickelte, spielen auf der Bühne kaum eine Rolle. Als singulären Querverweis bekommt die Königstochter, die der ehemalige Schatten schlussendlich, konterkariert durch eine Art Trauermarsch, heiraten wird, einen Fotoapparat in die Hand, durch den blickend, sie „viel zu viel sehen“ kann. Vielleicht könnte sie ihre Augen kurz schließen. Dann hörte sie nämlich nur noch die Musik und damit die romantische Untergangsstimmung, den expressionistischen Grusel. Am Ende steht Gonzales vom Flügel auf und intoniert auf einer Triola die letzten düsteren Akkorde. Ein Hauch der Schattenseite weht durch den Raum.