Ursula Amberger als dramatische Kassiererin in "Ausverkauft" am Theater Rudolstadt.

Rudolstädter Unikate

Steffen Mensching: Ausverkauft! Freud und Leid einer Theaterkassiererin

Theater:Theater Rudolstadt, Premiere:30.11.2012 (UA)Regie:Steffen Mensching

Silvester bleibt die Kasse zu. Schließlich ist das Konzert zum Jahreswechsel längst ausverkauft, zur Warteliste für Karten gibt es eine Warteliste. Da müsste das Telefon eigentlich stillstehen. Dass es anders kommt, ist der Kern von Steffen Menschings „Ausverkauft! Freud und Leid einer Theaterkassiererin“ im Thüringer Landestheater Rudolstadt, einer Liederrevue mit den, so der Programmzettel, „Rudolstädter Unikaten“ Uschi Amberger und Toni Steidl.

Sein Metier ist das Klavier, rechts, ihr Bereich der halbrunde Kassentresen mit Chefsessel und Programmheft-Regal, links im „Schminkkasten“, der kleinen Bühne des Theaters. Das Publikum sitzt, bei einem Glas Wein, an kleinen Tischen und durch deren Mitte hat Uschi Amberger ihren Auftritt. Erstmal muss sie erklären, was sie da eigentlich macht in der Theaterkasse, dieser Brücke zwischen der Welt und den Brettern, die die Welt bedeuten. Eigentlich will sie es sich gemütlich machen, mit „grünem Tee“ aus dem Piccolo-Fläschchen, und ein bißchen über sich („Ich bin gerne bei Hochzeiten und Begräbnissen, um zu flennen“) und das heiß geliebte Theater („Nur ein geschlossenes Theater ist noch schlimmer als ein leeres Theater“) zu plaudern.

Doch dann beginnt das Telefon zu läuten und die Kassiererin erklärt sich zum Flugzeug „ich muss immer abheben“ und nennt sich ab jetzt „Tschessna-Boing“, ein Gag, der so lange wiederholt wird, bis wirklich kein Lacher mehr zu holen ist. So plaudert Uschi Amberger sich durch den zweistündigen Fast-Monolog, in dem sich schon mal Gallenstein auf Wallenstein reimt und zur Fritteuse ganz prima die Diseuse passt. Damit ist sie bei ihrem Lieblingsthema, der bösen, jüngeren Kollegin, die ihr Rang und Rollen streitig gemacht hat, die fesche Lola spielt, während sie an der Kasse sitzt. Und wenn sich dazu etwa der Pianist muckst, erntet er böse Blicke, bis er wieder ein Lied anstimmt, „Beim ersten Mal, da tut‘s noch weh“ etwa oder Max Raabes verfremdeter Hit „Jedes Schwein ruft mich an“.

Das alles ist natürlich auch eine etwas kumpelig-derbe, auch mal kalauernde Liebeserklärung ans Theater, an dem sie schon 20 Jahre ist und „drei Stühle und sechs Intendanten überlebt“ hat. Der aktuelle Chef wird mit Lieblingssätzen wie „Der Lappen muss hochgehen“ und „die Theaterkasse ist der heiße Transmissionsriemen zwischen Bühne und Publikum“ zitiert. Als der dann plötzlich, zwischen Herrn Krause, der schon den Anzug gebügelt, aber keine Karte hat, und Frau Müller, die nur mal ihre Meinung loswerden will, selbst am Telefon ist, glaubt sie’s erst nicht. Doch dann wird es ernst: Der Intendant sitzt in Plovdiv fest, die Gast-Sängerin in Amerika im Schneesturm – wer soll denn nun bei der Silvester-Gala singen? Für den Fall der Fälle schmeißt die Kassiererin sich schon mal in die weite, blau-weiße Robe, schließlich „bin ich immer noch ganz gut“. Böser Blick zum Pianisten, der sich ein „naja“ getraut hat, „immer noch besser als diese fesche Dingsda.“