Foto: „Così fan tutte“ am Theater Pforzheim. Aykan Aydin als Guglielmo und Marie-Kristin Schäfer als Dorabella (Premierenbesetzung) © Sabine Haymann
Text:Eckehard Uhlig, am 11. November 2013
Es sind keine schlechten Zeiten für Wolfgang Amadeus Mozarts komische Oper „Così fan tutte“. Das Stück nach Da Pontes Libretto, das lange Zeit als problematisch galt, gehört zu den meistgespielten Bühnenwerken der Gegenwart. Kein Wunder, wenn das „Dramma giocoso“ mit seiner eigentlich unwahrscheinlichen, konstruierten Handlung musikalisch so spritzig und darstellerisch so erfrischend daherkommt, wie bei der bejubelten Premiere im Pforzheimer Stadttheater.
Es geht um ein Experiment, in dem der erfahrene Don Alfonso mit Hilfe der Kammerzofe Despina zwei untereinander befreundete Liebespaare – Fiordiligi und Guglielmo sowie Dorabella und Ferrando – an den Rand ihrer Existenz treibt. Die beiden jungen Männer gehen in Offiziersuniformen zum Schein in den Krieg, kehren alsbald als Orientalen verkleidet zurück und werden über Kreuz auf ihre trauernden, Treueschwüre ablegenden „Bräute“ angesetzt. Die schwesterlich verbundenen Mädchen bestehen die Liebesprobe nicht und erhören nach einigen Gewissensqualen die sich als galante Frauenversteher in Szene setzenden, vertauschten Liebhaber. Schlussendlich, nach Aufklärung der Verwechslungskomödie, finden Fiordiligi und Dorabella reumütig zu ihren enttäuschten Verlobten zurück, doch der Triumph Don Alfonsos und ein bitterer Nachgeschmack bleiben.
An dieser Abfolge ändert Toni Burkhardts Inszenierung nichts. Bietet aber durch lebendige Personenführung und eingebaute komödiantische Gags ein herrlich aufgelockertes Spiel. So erscheint Despina als nothelfender Arzt in Automechaniker-Outfit, um die beiden als Verführer eingesetzten Männer mit Hilfe einer an Klemmen-Kabeln angeschlossenen Autobatterie elektro-schockig aufzumöbeln – was wie der Einsatz eines Defibrillators funktioniert. Die Chöre (Soldaten-lieder) präsentieren sich, von Grammophon-Rauschen begleitet, als raffinierte Toneinspieler. Und die bald abgelegten Verkleidungs-Utensilien (Sonnenbrillen, Strohhüte und Kaiser-Wilhelm-Bärte) sind so läppisch, dass sie in einem höheren Sinn schon wieder bedeutsam scheinen. Mit solch übertreibenden Effekten wird eine ironische Brechung erreicht, die den exemplarisch demonstrierten, bösen Operntitel „So machen’s alle (Frauen)“ in eine erträglich heitere Sphäre überführt.
Das Drehbühnen-Bild – helle, um einen „eingewachsenen“ Baumstamm gebaute Salons und Liebesnester – wirkt modern-zeitgenössisch. Dazu passen die Kostüme der Protagonisten. Ausstatter Wolfgang Rauschning versteht es, Frauen gut anzuziehen. Die schauen ohnehin zum Verlieben aus und singen alle drei exzellent: Tatiana Larina als Fiordiligi (Premieren-Besetzung) mit glanzvollem Timbre, das auch in den tieferen Mezzo-Lagen glutvoll leuchtet. Marie-Kristin Schäfer in der Rolle der Dorabella mit klar artikulierendem, nicht nur in den Höhen strahlendem Sopran. Franziska Tiedtke als Despina (Premieren-Besetzung) mit buffonesker, sich energisch durchsetzender Stimme. Auch die Herren stehen nicht nach. Aykan Aydin gibt den Part des Guglielmo charmant baritonal eingefärbt. Markus Francke brilliert als Ferrando (Premieren-Besetzung) in seiner schwärmerischen Arie „Un’aura amorosa“ (Der Odem der Liebe) mit zarter Lyrik. Bassbariton Cornelius Burger ist ein zynischer, stimmgewaltiger Don Alfonso. Aber nicht nur solistische Arien entfalten vokalen Genuss, sondern vor allem die zahlreichen, hervorragend aufeinander eingestimmten Ensembles, Terzette, Quartette und Sextette. Unter der Leitung von Kapellmeister Martin Hannus musiziert die Badische Philharmonie spritzig und elegant wie selten. Die Ouvertüre und beide Stretta-Aktschlüsse laufen mitreißend rasant zur Hochform auf. Insgesamt also eine Opern-Aufführung, die Spaß macht.