Vom ersten Augenblick an ist klar, hier wird Theater gespielt, wobei die tragische Konzeption von Kleist in spielerischer Komödiantik und Leichtigkeit sich auflöst. Schon die Kostüme von Mascha Mihoa Bischoff zeigen die Spuren einer Partylaune, tragen doch Tormasz Robak als Prothoe und Johannes Rieder als Oberpriesterin Relikte von Partykleidung, ohne ihre Männlichkeit zu leugnen. Johanna Link als später hinzukommende Penthesilea trägt sportliche Trainingskleidung, als käme sie gerade vom Jogging. Und Lukas Vögler tritt als Achill, der dann auch noch sein Schlagzeug auf einem Podestwagen herein zieht, in einem grotesken Morgenmantel auf. Darunter trägt er ein Trikot, wie man es von Zirkusakrobaten kennt. So geben die Kostüme dem Spiel Strukturen. Klar doch, dass in diesem stark körperbetonten Spiel das wilde Tier sich nicht bändigen lässt, dass Achill mit dieser Taktik scheitern muss. Erst als er zu zärtlichen Tönen greift, ganz sanft wird, scheint eine Annäherung möglich.
Es ist erstaunlich, wie das Konzept von Leonie Böhm aufgeht. Obschon nur noch wenig Text von Kleist – „Bisse Küsse“ dürfen da nicht fehlen – geblieben ist, gelingt es vor allen Dingen Johanna Link, die Verse so zu sprechen, als kämen sie aus der Seele eines heutigen jungen Menschen. Erstaunlich auch, dass man in dieser spielerischen Übertragung, die sich auf die Beziehung zwischen Penthesilea und Achill konzentriert, von den Handlungspunkten nichts vermisst: die wichtigen Wendepunkte in dieser Beziehung, sie sind alle da. Sie spiegeln sich auch in der musikalischen Struktur des Abends. Zwischen „Power of Love“ von Jennifer Rush bis hin zu „Joga“ von Björk spannt sich der von Johannes Rieder geschaffene musikalische Bogen, der die Handlung nicht nur atmosphärisch, sondern auch emotional stützt und damit zu einer wichtigen Klammer des Abends wird.
Nach 70 Minuten ist der Abend schon zu Ende. Man hat Spaß gehabt, aber auch Kleist, mehr noch erfahren, wieviel Gegenwärtigkeit in diesem alten Text steckt. Manchmal allerdings scheint das Spiel in diesem abstrakten Raum zu losgelöst aus allen historischen Bindungen und Kontexten, als bloße Versuchsanordnung.