Sehens- und hörenswert ist die Produktion vor allem, weil man Pietro Mascagnis populären Dauerbrenner „Cavalleria rusticana“ von seinem üblichen siamesischen Zwilling „I pagliacci“ trennte und stattdessen Giacomo Puccinis Opernerstling „Le villi“ vorausschickte. Womit man zwei Werke zusammenspannte, deren Entstehung auf eine vom Verleger Sonzogno ins Leben gerufenen Kompositionswettbewerb zurückgeht. Und selbst wenn „Le villi“ eher ein seltener Gast auf den Bühnen ist, dürfte die Geschichte dennoch zumindest Ballettfans vertraut vorkommen. Denn wie in „Giselle“ steht auch hier eine junge Frau im Zentrum, die durch die Untreue ihres Verlobten in den Tod getrieben wird. Und auch bei Puccini darf sie gemeinsam mit den übrigen „Willis“ – weiblichen Geistern, die ihr trauriges Schicksal teilen – den Schuldigen heimsuchen. Ein Sujet, das man wahrscheinlich nicht auf den ersten Blick mit einem der prominentesten Vertreter des Verismo in Verbindung bringt.
Holpriges Libretto, überzeugende Musik
Anna Veit, die als Erzählerin die beiden Einakter zusammenhält, hat da zum besseren Verständnis so manche Zeitsprünge und plötzliche Handlungsumschwünge zu überbrücken. Doch selbst wenn manches im Libretto ein wenig holprig wirkt, hört man aus dem Graben, wo Basil H. E. Coleman umsichtig waltet und sein Orchester mit Leidenschaft durch die Partitur peitscht, bereits einiges, was die kommenden Meisterwerke vorausahnen lässt. So etwa in der von Yitian Luan mit dramatisch ausladendem Sopran dargebotenen Arie „Se come voi piccina io fossi“.
Regisseur Jürgen Pöckel verzichtet dankenswerterweise auf die trachtenselige Schwarzwald-Romantik der Vorlage und ließ sich von Ausstatterin Andrea Hölzl einen nüchternen Raum bauen, der von einer übergroßen Replik jener Origami-Blume akzentuiert wird, die bei der Festgesellschaft der Verlobungsfeier von Anna und Roberto die Revers ziert. Sobald die Handlung ins Übernatürliche abdriftet, verabschieden sich aber auch die Gesetze der Logik von der Bühne. Was einige unfreiwillig komische Momente nach sich zieht. Wenn etwa die Leiche Anna am Galgen hereinwackelt oder mit stockenden Bewegungen herumschlurfende Zombies plötzlich mit sehr präzisen Handgriffen den Umbau erledigen.
Tragisches Finale
Deutlich besser gelingt Pöckel die dramaturgisch ungleich dichter gewobene „Cavalleria rusticana“. Hier werden unter anderem die langen Orchesterüberleitungen und Chorszenen immer wieder durch amüsante Szenen der Statisterie aufgelockert, welche die Fallhöhe dieses Dramas auf dem Dorfplatz verstärken. Da hat sich dann auch Vicent Romero langsam warmgesungen, der nach seinem Einsatz als Roberto nun den Turiddu verkörpert, den zweiten untreuen Tenor des Abends, und vor allem im Duett mit Santuzza die Muskeln spielen lässt. Wie im ersten Teil hat er in Reinhild Buchmayer eine überaus starke Partnerin zur Seite, die mit ihrem farbenreichen Mezzo das Geschehen absolut dominiert und vom Premierenpublikum für ihre herausragende Leistung frenetisch gefeiert wird. Ähnlich wie Bariton Kyung Chun Kim, der in seiner Doppelrolle zuerst als Annas trauernder Vater Guglielmo mächtige Töne in den Raum stellt und später als betrogener Ehemann Alfio endlich auch persönlich Rache an seinem Tenorkollegen nehmen darf. Abgerundet wird die homogene Ensembleleistung von Lucia Ceralová, die Turiddus Mutter Lucia die nötige Autorität verleiht, sowie von Sabine Noack, die nach ihrem kurzen Auftritt als Lola selbst als stumme Zuhörerin präsent bleibt und das tragische Finale weiter vorantreibt.