Das wir singdarstellerisch hervorragend beglaubigt. Katharina Morfa singt und spielt ihre Elfe mit ungeheuer frischer Lebendigkeit und attraktivem Mezzo, der Tenor Joao Terleira steuert viel Klangphantasie, noch mehr Charme, einen witzig übertriebenen Oxford-Akzent und leichte Intonationsschwächen bei und Sopran-Elfe Jennifer Lary berührt mit einer kurzen, sehr intensiven Purcell-Trauerarie. Alle drei singen ein wunderbar stilles Quartett mit dem Ehegott, dem Ipca Ramanovic auf allen Ebenen schlanke Klarheit mitgibt – und ein dichtes, fast schwebendes Piano, in das man sich fallen lassen möchte. Die für Janet Baker geschriebene Phaedra findet eine großartige Interpretin in Zlata Khershberg. Anders als ihre berühmte Rollenvorgängerin ist ihr Mezzosopran nicht nobel, rund, keusch timbriert, sondern genuin dramatisch. Nach den ersten Takten gelingt es Khershberg durchgängig, ihr Vibrato zu kontrollieren und so über den muskalischen Fluss ihr Publikum einzufangen, was ihr sicher noch leichter gefallen wäre, hätte sie die nicht sehr lange Kantate an einem Stück darbieten können. Pascal Zurek schließlich, einziger Gast im starken Ensemble, kommt stets vom Wort her und profiliert sich als bis zum Augenzwinkern charmanter Tragöde.
Alle Komponenten scheinen also zu stimmen – und doch kommen die „Summernightdreamers“ als Ganzes nicht richtig von der Bühne herunter. Was vielleicht daran liegt, dass man nicht genau weiß, wo man ist. Dass der Raum von Anne Neuser und die Inszenierung von Andrea Schwalbach sich nicht entscheiden, ob wir in Shakespeares melancholisch-komisch-wildem Wunderwald sind oder einem abstrakt psychologischen Gedankenexperiment beiwohnen. Wer sind diese Elfen? Doch wohl reine Theatergeschöpfe. Die immer wieder vorbeifahrende, mit Kleidern gefüllte Garderobe scheint es zu bestätigen. Aber was sollen dann diese reduziert realistisch ausgestatteten mobilen Gemächer für das hohe Paar. Und wo halten sich die Elfen auf? Auf einem Podest mit Rasen, Bäumchen, Blümchen. Von der Decke hängen kopfüber Sonnenblumen und weitere Kunstblumen begrenzen die Bühne an den Seiten. Ein Garten? Eine Kunstnatur? Wo mag das herkommen? Oder hingehen? Was tut der Gott dabei, der nichts tut? Die Fragen werden nicht beantwortet und nicht gestellt an diesem Abend. Bild führt zu Bild, Klang zu Klang, bis der Kreis sich in den Schwanz beißt. Eine schöne, ein wenig niedliche Maschine ist entstanden, die wir anschauen wie kostbaren Schmuck in einer Vitrine.
Vielleicht ist das auch genug in diesem Moment, von dem wir nicht wissen, wie lange er noch dauert. Vielleicht müssen kluge Setzung, handwerkliche Souveränität, musikalische Brillanz zurzeit genug sein, Der Betrieb.muss bewegt werden, sonst lebt er nicht und die Leute wollen Musiktheater sehen.Und in Heidelberg saß an diesem Abend erstmals seit dem 7. März wieder ein Orchester im Graben.
Und doch fehlt etwas. Sehr.Und darf nicht verloren gehen.