Bühnenbildnerin Saskia Wunsch hat auf die Bühne eine Art gestrandeter Dampfer mit Schornstein (und Rutsche!) gebaut, in dessen Schiffs-Bauch man gelegentlich sehen kann, und Till Nowak schuf dazu eine gleichermaßen entzückend altmodisch verpixelte Computeranimation. So gelingt es fulminant, die verschiedenen Ebenen von Theater- und Videospiel, Tragödie und Komödie, Ernst und Spaß virtuos zu verschränken, wozu auch die knatschbunten, originell ausgeflippten Kostüme von Bettina Werner und Claudia Irro einen entscheidenden Beitrag leisten. Weil (Film-)Regisseur Ranisch aber auch witzig und fantasievoll (Personen-)Regie führen kann, sieht vieles nach Commedia dell’arte des 21. Jahrhunderts aus, wird der König (sonor bassstimmig sich Gehör verschaffend: Goran Juric) gleich zu Beginn wie ein Märchen-Herrscher eingekleidet, sieht Leander, der Premierminister (herrlich fies: Shigeo Ishino), aus, als wäre er einer Science-Fiction-Serie entsprungen, scheint Pantalone (Johannes Kammler) in einen Topf mit oranger Farbe gefallen zu sein. Die drei entzückend singenden Prinzessinen (Aytaj Shikhalizade, Fiorella Hincapié, Esther Dierkes) tragen Haarpracht wie im alten Ägypten, Matthew Anchel ist mit warmem Bass als so gar nicht bedrohliche Köchin ein zart tuntiges Prackl, während ein dünner Schlacks von Zeremonienmeister (der blutjunge Tenor Christopher Sokolowski) aus einer Charles-Dickens-Verfilmung stammen könnte. Das perfekte Komödien-Paar geben freilich zwei weitere Tenöre ab: Elmar Gilbertsson als tüteliger Prinz, der großartig spielt, er wäre eine Mischung aus Mensch und Marionette, und Daniel Kluge als sein ängstlicher Diener Truffaldino.
Aber was wäre eine „Liebe zu drei Orangen“ ohne das sich permanent vorlaut und prägnant einmischende oder antreibende Orchester, das anfangs gegenüber der Komödien-Handlung wie ein aggressives Gegengift wirkt, im zweiten Teil aber immer mehr mit dem absurden Geschehen sich vermischt und jeder szenischen Volte noch eine instrumentale aufsetzt. Unter Alejo Pérez hat das Staatsorchester Stuttgart hörbar Spaß am temporeichen, nie zur Ruhe kommenden Geschehen, ist – wie der Staatsopernchor Stuttgart – mit Feuereifer bei der Sache und mischt höchst lebendig in jedem Moment der Oper mit, als säßen die Musiker auf der Bühne zwischen den Darstellern.