In einer Welt, in der immer mehr Menschen ihre Lust mithilfe von Sex-Robotern befriedigen, Künstliche Intelligenz in vielen Lebensbereichen bereits selbstverständlich eingesetzt wird und Sciencefiction scheinbar zur Wirklichkeit werden könnte, untersucht das Team um Wilke Weermann in verschiedenen Situationen die Frage, was das Menschsein ausmacht und wer darüber entscheiden kann, wer und was als menschlich gelten darf. Ist das Streben nach Menschlichkeit nicht schon menschenähnlich? Hat nicht Alan Turing mit dem von ihm entwickelten und nach ihm benannten Turing-Test bereits gezeigt, dass es um die eigene gesellschaftliche Behauptung geht: Wer als Mensch gehalten wird, ist Mensch? Das zur Zeit auf vielen Bühnen verhandelte Thema der Posthumanität verkennt jedoch auch oft: Künstliche Intelligenz bedeutet weiterhin vor allem maschinelles, vom Menschen bestimmtes Lernen.
Hier ist es jedoch die Liebe zu etwas, unsere Einsamkeit, die über unser Menschsein entscheidet. Themen, wie sie schon in E.T.A. Hoffmanns „Sandmann“ und Filmen wie „Blade Runner“ behandelt werden, sind hier in Bildern aneinandergereiht. Fragen nach der Öffentlichkeit und dem Politischen unseres Liebeslebens werden neben patriarchale Besitzansprüche, die gesellschaftliche Konstruktion von Andersartigkeit gestellt. Es entstehen Bilder, die verstärkt durch die Spielweise der Trennung von Körper und Sprache zwar eindrücklich sind, aber auch auf sehr illustrative Weise den Text bebildern. Die sich wiederholenden Fehlermeldungen, die sich in den „Sleep Mode“ versetzenden Androiden, die umherirrende Drohne sorgen für einige zu leicht verdiente Lacher im Publikum. Wie sich der als MB91 (männliches Modell, Baujahr 1991) bezeichnete Schauspieler Marius Bistritzky im Leichensack aus weißem Planenstoff auf der Bühne windet und ansetzt, die Luft anzuhalten, sich selbst dem Atem zu nehmen und dabei nur scheitern kann und anschließend stille Tränen über sein Gesicht laufen, rührt an und vollendet die Entwicklung der Androiden zum Menschen beinahe. Insgesamt ist insbesondere sein Spiel an diesem Abend überzeugend.
Was passiert, wenn auch wir Menschen immer fehleranfälliger werden? Und: Lässt sich Menschlichkeit überhaupt messen? Die materialreiche Inszenierung schlägt interessante, vielfältige Brücken, wirkt dadurch aber auch stellenweise unentschieden. Am Ende der Inszenierung steht keine Antwort, weder eine moralische noch eine ethische, sondern die Frage, wie Gesellschaft „Nichtmenschen“ produziert.