„Das Fieber“ wurde 1990 in New York uraufgeführt. Die Deutsche Erstaufführung inszenierte Arien Zinger 1992 am Deutschen Schauspielhaus Hamburg mit Roland Renner. Wallace Shawn, auch ein durch skurrile Charakterrollen bekannter Schauspieler (etwa in Louis Malles „Wanya on 42nd Street“ oder Rob Reiners „The Princess Bride“), schrieb hier sein, neben „Mein Essen mit André“, erfolgreichstes Stück. Vor allem aber setzte er sich hier erstmals mit einem Themenkomplex auseinander, der seitdem sein schriftstellerisches Werk entscheidend prägt, zuletzt in dem 2020 in Buchform erschienen Essay „Nachtgedanken“.
Ein Mann hat beruflich ein armes Land bereist und muss die Armut und Ungerechtigkeiten verarbeiten, die ihm dort begegnet sind. Und schafft es nicht, in Shaws Monolog, und verzweifelt. „Der nächste Schritt wäre bewaffneter Kampf“, schrieb Matthias Matussek 1991 im Spiegel über das Stück. Man glaubt es, aber das spürt man nicht mehr. Hier hat sich „nur“ einer durch einschneidende Begegnungen in einer Spirale aus Schuldkomplex und Selbstbespiegelung verfangen. Das Grübeln ist fesselnd bei Wolfgang Vogler, die Wut scheint die Figur sich selbst fast nicht abzunehmen. Wie kann ein einzelner aus einem der reichsten Länder beginnen, Armut in der dritten Welt zu bekämpfen? Was würde es helfen, wenn er alle seine materiellen Güter zur Verfügung stellte (wovor sich die Figur fürchtet und was sie nicht tun wird)? Wirkungslos wäre es und ehrlich. Dass Armut und Reichtum irgendwo herkommen, dass vielleicht jeder seines Glückes Schmied ist, aber immer auf Kosten eines anderen, für den man dann doch eigentlich Verantwortung trägt – diesen Konflikt kann Shawn nicht lösen und wir auch nicht. Aber es ist wichtig, sich mit Texten wie seinen zu befassen, damit man das nicht vergisst. Und vielleicht in der einen oder anderen Richtung doch einmal über sich hinausgeht.
Deshalb ist es wirklich anzuerkennen, dass das Schauspiel Frankfurt uns an diesen Text erinnert. Der sich – fast – anhört wie am ersten Tag.
Bis 7. Februar verfügbar auf der Homepage des Schauspiels Frankfurt.