Arzt baut mit scharf beschnittenen Sätzen seiner Kunst-Umgangssprache eine Dorfgeschichte zusammen, die bekannten Gesetzen gehorcht: Ein Störenfried – der „von oben“ gesandte Seismologe (lakonisch gegrummelt von Franz Xaver Zach) – personifiziert die Erschütterung der natürlichen Ordnung, welche die kleine Landwelt schnell aus den Fugen hebt. Der Dorfkaiser und Rosegger-Fan Wiesinger (souverän gezeichnet von Florian Köhler) verliert ob der ungehörigen Störung seiner Minimundus-Oligarchie den Verstand. Dazwischen stehen die Bürgermeisterin (Evamaria Salcher), ein versoffener Arbeiter (Nico Link als prolliger Dorfnarr), eine xenophobe Angestellte mit 1.000 Facebookfreunden (Susanne Konstanze Weber) und die Archivarin Trost (Henriette Blumenau), die mit ihrer schöngeistig-geisteswissenschaftlichen Annäherung an Rosegger vor allem, nun ja, alleine dasteht. Dies auch, weil‘s mit den amourösen Annäherungen in diesem Arzt-Stück nicht klappen will. All das wird von Regisseurin Nina Gühlstorff – erraten – mit viel Humor serviert, begleitet von Livemusik und Gesang.
So fein die Ausgangsidee erscheint, Roseggers Erbe gut zugespitzt in den Heimatboden der Gegenwart zu treiben, so holzschnittartig wird sie hier zu Ende gedacht – durchwachsen von allzu zahlreich bemühten Gegenwartsbezügen und Klischees. Letztere werden zwar durchaus durch jüngste Wahlergebnisse gestützt, die auf große Empfänglichkeit der österreichischen Landbevölkerung für rechtspopulistische Politik hindeuten. Aber anders als die Politik muss Theater ja nicht unbedingt auf Statistik reagieren – und wenn, dann bitte nicht mit Vereinfachung.