Zum Glück erliegt die Regisseurin nicht der Versuchung, die Vorlage in konkrete Spielszenen aufzulösen. Auch wenn das gesprochene Wort nach und nach Holofernes und Judit gebiert, die Darstellerinnen Zeichen wie Kopftuch oder schwarze Klebebandbärte anlegen, bleibt die Distanz gewahrt. Trolle hält sich in seiner Judit-Erzählung erstaunlich nah am biblischen Vorbild, belässt die Heldin im Zwischenraum der Geschichte und lotst nur selten heutige Anknüpfungspunkte in den Text. Das Wasser, das sich als ebenfalls klares Motiv aus Flaschen getrunken, gekippt, gewaschen auch real durch die Inszenierung zieht, dreht Holofernes den Israeliten ab, die gläubige Judit zieht los, passiert die weiße Klebebandgrenze und vollzieht ihre Mission, den Feldherren zu töten.
Jetzt fährt Judit also S-Bahn, genauso wie die drei Spielerinnen in dem auf eine weiße Gaze projizierten Video. Vielleicht befinden sich die drei auch auf der Suche nach ihrer eigenen Judit, nach ihrem Entwurf dieses kollektiven Bildes, raus aus den Apokryphen. Vielleicht hat jede der drei Generationen, aus denen die Spielerinnen stammen, ihre eigene Judit, vielleicht ist sie verbindendes Element. Ausstieg auf welcher Seite?