Foto: "Die Frauen der Toten" am Theater Erfurt © Lutz Edelhoff
Text:Ute Grundmann, am 4. Februar 2013
Mary hört nachts im Schlaf die Stimme ihres Mannes, der immer wieder sehnsuchtsvoll ihren Namen ruft. Doch kann das sein? Schließlich hat sie die Nachricht seines Todes erhalten. Und so mischen sich in „Die Frauen der Toten“ Schmerz und Hoffnung, Realität und Traum – ohne eine abschließende Antwort zu geben. Der Komponist Alois Bröder hat, im Auftrag des Theaters Erfurt, seine erste Oper geschrieben, wo sie nun auch uraufgeführt wurde. Ein Werk, das die scheinbar gleiche Geschichte in zwei Fassungen erzählt.
Dafür steht ein aufgeschnittenes Häuschen mit Erd- und Dachgeschoss auf der Bühne (Norman Heinrich). Davor beginnt „Version I“ an zwei offenen Gräbern, mit einem rhythmisch flüsternden Männerchor, der Trost zu spenden versucht. Später sind die beiden Frauen, die Schwestern Mary und Margaret, allein im Häuschen und trauern um die beiden Brüder, mit denen sie verheiratet waren. Doch dann kommen die nächtlichen Stimmen und die Boten, die beiden Frauen berichten, ihre Männer lebten noch. Ob das nun Wirklichkeit, Hoffnung oder Traum ist, lässt dieser erste, englisch gesungene und deutsch übertitelte Teil offen. Gabriele Resch erzählt in klaren, einfachen Bildern, die sie immer mal wieder erstarren lässt, Stimmung und Licht sind eher düster. Musikalisch ist dieser erste Teil, nach einer Kurzgeschichte von Nathaniel Hawthorne („Der scharlachrote Buchstabe“), spannend und abwechslungsreich. Das beginnt mit Schlagwerk und Bläsern düster und schroff, nur die Harfe lässt so etwas wie Hoffnung anklingen. Die Musik ist sehr klangmalerisch, dreht mal mächtig auf, um auch mit kurzen, rhythmischen Holzschlägen unheilvolle Stimmung zu zaubern, hat aber auch längere, zarte Streicherpartien, die Ruhe in diese unheilschwangere Geschichte bringen.
Die beginnt in „Version II“ in der Nacht, in der die Frauen in ihren Zimmern im Dachgeschoss sind. Nun wird deutsch (mit deutschen Übertiteln) gesungen und ein Frauenchor übernimmt das raunende Flüstern. Wieder kommen die Boten mit der Nachricht vom Überleben, aber sie schleichen wie Verführer oder Verehrer in die Zimmer der Frauen. Und die reagieren nach dem ersten Glücksschreck durchaus unterschiedlich: Freuen sie sich über die angekündigte Rückkehr oder fürchten sie sie eher? Und wie mit der Schwester umgehen, die, so glauben sie, immer noch Witwe ist? Diese Nöte und Innenansichten dominieren den zweiten Teil, in dem der Aufmarsch der Trauergemeinde (in den Saal hinein) alle Hoffnungen und Träume beendet.
Musikalisch ist diese zweite Version nicht ganz so interessant wie Version I. Doch Marisca Mulder (Mary) und Mireille Lebel (Margaret) machen das wett durch ihre prägnante Darstellung der unterschiedlichen Schwestern. Und der junge Kapellmeister Johannes Pell am Pult des Philharmonischen Orchesters Erfurt hält die vielen musikalischen Fäden energisch und fest in der Hand. Nach zwei Stunden Bravos für den Komponisten.