Es ist eine sorgfältige Bearbeitung gelungen, die der Vorlage nichts nimmt, aber im sprachlichen Gestus gegenwärtig erscheint, ohne sich anzubiedern. Das Bühnenbild von Sarah Prinz wird von einer Gartenlaube mit herausnehmbaren Stangen dominiert, darin zwei Stühle und ein kleiner Gartentisch in pinken Farben, vor der Laube eine Bank. Auf den grünen Rasenteppichen stehen gelbe Blümchen, die allerdings vom Herzog schnell abgeschnitten werden. Sarah Prinz hat ein Auge für kleine Details, die Krone von Cacatois beispielsweise besteht aus goldenen Löffeln, Messern, Gabeln und Scheren, zum großen Finale beherrschen große weiße Blüten die Szenerie. Denn, wenn auch die Bearbeiterinnen vieles in der Handlung von Offenbach zuspitzen, eines, wollen sie nicht, den Schluss ändern.
Verwirrspiel um Mann und Frau
„Die Insel Tulipatan“ ist ein Stück über Outing: Erst muss Thédorine offenbaren, dass ihre Tochter ein Junge ist – und flugs zeigt sich die Möglichkeit, dass sich da zwei Jungen lieben könnten. Andererseits versucht der Herzog Hermosa davon zu überzeugen, dass es doch nicht geht, dass sich zwei Mädchen lieben, bis am Ende ein Mädchen, das ein Junge war, und ein Junge, der ein Mädchen war, dastehen und sich eine klassische Paarbeziehung anbahnt. Mit Gespür für Komödiantik inszeniert Stephanie Kuhlmann dieses Verwirrspiel um Mann und Frau mit einem hochmotivierten Ensemble. Im schwarzen Kleid mit weißen Perlenschnüren spielt Jina Choi Théodorine als grande dame. Lukas Schmid-Wedekind als Cacatois reißt mit seiner Komödiantik mit. Mit seiner Körperstatur überragt er Elisandra Melián als Hermosa nicht nur um Haupteslänge: das sich daraus ergebende komische Potential lässt sich Kuhlmann nicht entgehen. Melián erspielt sich ihre Hosenrolle forsch, mit kleinen Gefühlsausbrüchen, die sie dann als Mädchen voll ausspielen kann – und mehr noch zärtlich sein darf. Santiago Bürgi hingegen, mit Rock über den Jeans (Kostüme: Sarah Prinz), weiß mit seiner Kraft nicht hauszuhalten.
Die Musik von Offenbach ist einschmeichelnd gängig, ein Rausch der Melodien, mit der Tendenz zum selbstironischen Zitat, wie der Verweis auf den Can Can oder der leitmotivisch eingesetzte Ententanz, pardon: das leitmotivisch eingesetzte Entenlied, von Lukas Schmid-Wedekind mit Inbrunst vorgetragen. Musikalisch wie szenisch erfüllt diese Inszenierung alle Erwartungen – und doch bleibt am Ende die Frage, ob das Ziel, jungen Menschen die Scheu vor dem Musiktheater zu nehmen, mit dieser Form gelingen kann? Zu läppisch kommt denn doch das Geschlechterwirrwarr daher, auch, wenn immer wieder auf die Möglichkeit einer gleichgeschlechtlichen Beziehung verwiesen wird.