Figaro bei Shakespeare
In den Sonetten hingegen geht es fast immer aggressiv zu, verzichtet dieses Theater, das als Wurzel allen Theaters Leidenschaft und Begehren ausgemacht hat, dem also alles Wur und Zärtlichkeit, Liebe und Gewalt ist, verzichtet also Zara Antonyans Theater auf den Humor. Außer in dem Moment, wo alle fünf Männer gleichzeitig auf der Bühne stehen, drei den Sonetttext zischen und ihn als Waffe benutzen gegen die zwei anderen, die a cappella Rossinis berühmte Figaro-Arie aus dem „Barbiere di Sivigla“ schmettern, also einfach fröhlich sein wollen.
Das Bemerkenswerteste an diesem Abend ist die Körperlichkeit. Da hebt der eine die andere, auch mal umgekehrt, die Körper winden sich umeinander und verschmelzen oder sie finden sich eben nicht. Da wird die Vertikal-Achse fast genauso bespielt wie die Horizontale, klettern die Akteure hinauf oder hinab, senken sich Ketten oder Seile aus dem Bühnenhimmel und werden bespielt. Und die Gesichter erzählen viel, reißen hinein in die ihrer Spielhandlung beraubten Figuren, machen sie zu Menschen.
Natürlich wiederholen sich die Mittel, wird etwa viel geschossen und noch mehr geküsst, meint man irgendwann auch, jetzt genug Paarkonstellationen erlebt zu haben. Und Armenisch scheint eine sehr schöne Sprache zu sein, aber die angekündigten Übertitel sind eher Andeutungen und Zusammenfassungen und werden zudem mehrfach durch den Bühnennebel ganz unsichtbar. Aber die szenische Fantasie, die erstaunliche Intensität dieses Spiels, die Beweglichkeit und (Bild-)Kraft dieser acht Körper lassen die 90 Minuten im Neusser Globe sehr kurz erscheinen.