Es ist die letzte Produktion der diesjährigen, auf Grund der Pandemie bis in den Frühherbst hineinreichenden Wiener Festwochen, die in Koproduktion mit Forced Entertainment im Jugendstiltheater am Steinhof zur Uraufführung gelangte. Tim Etchells, Mitbegründer der stilprägenden, britischen Performancegruppe, und die 1985 in Kasachstan geborene Geigerin und Komponistin Aisha Orazbayeva, mit der Etchells seit vielen Jahren zusammenarbeitet, entwickelten gemeinsam das Konzept für „Heartbreaking Final“. Es basiert auf teils komponiertem, teils im Zusammenspiel mit den Performer:innen frei improvisiertem Klangmaterial, einer Geräuschmusik, die in der Konfrontation mit dem sogartigen Text Tim Etchells‘ aus dem Moment heraus entsteht, diesem antwortet, ihm entgegnet, ihn fortschreibt oder eigene Wege geht.
Der Text, den Etchells selbst in Szene setzte, entpuppt sich als eine Art Bewusstseinsstrom aus fragmentierten Gedanken, Gefühlen, Alltagsbeobachtungen und Assoziationen: bruchlos aneinander gereihte, kurze Ich-Sätze, Sätze wie Beschwörungen, die in mehrfacher Wiederholung scheinbar die Zeit dehnen, Auflistungen, die innere Bilder hervorrufen von leeren Straßen, leeren Zügen, leeren Plätzen, überfüllten Räumen. Dazwischen ein Aufbäumen gegen den „Horror, der dir als normal verkauft wird“ und ein Innehalten – „fließt, meine Tränen, ihr unglücklichen Ströme“.
Das Unsagbare hörbar machen
Dabei entsteht keine Erzählung, sondern die Innenschau eines in unserer überfordernden Gegenwart um Identität ringenden Menschen, bedrängt, verwirrt und verloren bis zum Stammeln: Indem sich die Syntax der Sprache im fein austarierten Trio der Sprecher:innen – unisono, gegenläufig oder einzeln -– auflöst und die nunmehr frei flotierenden, mehrdeutigen Bedeutungsklänge einzelner Worte das Unsagbare hörbar machen. Begleitet von nervös schabenden Geräuschen der Geigen, in die sich zunehmend einzelne, klare Klänge mischen und zarte Klopfgeräusche, die wie ein warmer Frühlingsregen die Verzweiflung mildern in Anbetracht einer aus den Fugen geratenen Welt.
Am Ende kulminiert diese präzise-subtil rhythmisierte Sprachmusik aus fünf vollkommen gleichberechtigt, hoch konzentriert auf einander hörenden Stimmen in einem immer stärker werdenden Pulsieren. Durch die kunstvolle Entgrenzung sprachlich-musikalischer Repräsentation wandelt sich die anfängliche Vereinzelung in ein Miteinander lebendiger Sinnlichkeit, ehe der letzte Satz, „dein Herz bricht“, in einzelne Worte zerfällt und mit einem leisen Geigenklang verlischt. Ein herzzerreißendes Finale, unsentimental und frei von Pathos, in dem sich gelungene sprachmusikalische Kommunikation als Utopie sozialen Miteinanders realisiert.