In der detailfreudigen Inszenierung ist die metzelnde Klassik in einer Ahnung von Gegenwart positioniert. Ein „Tag des Stolzes“ wird da vom zunächst siegestrunkenen Volk ausgerufen, wenig später aus gleichem Mund „Strafe“ für den eben gefeierten Helden gefordert und etwas überraschend taucht in den Übertiteln das Wort „Schurkenstaat“ auf. Mord kommt hier aus gefühllos geschäftsmäßiger Konsequenz, das Jammerbild des Selbstmitleids lässt dem gekrönten Totschläger (Mikolaj Zalasinski punktet mit seinem Charakter-Porträt aus Spiel und Stimme, obwohl er der Neigung zum Bibber-Pathos oft nachgibt) keine Rechtfertigungs-Chance. Lisa Houben spielt die Schrittmacher-Lady mit der Eleganz eines tänzelnden Monsters, singt vor allem die lyrischen Teile der Partie mit inbrünstiger Bannkraft. Der Chor – der weitere „Hauptdarsteller“ – lotet die Dramatik noch besser aus.
Mehr als die Regie, die aus vielen guten Einzelheiten den Durchbruch zum Tableau überwältigender Opern-Emotion nur halbwegs hinkriegt, überrascht der Dirigent. Guido Johannes Rumstadt umfasst mit den Philharmonikern die ganze Assoziationsweite von Verdis Klang zwischen Splatter-Soundtrack, Revue-Groteske und Melodram-Poesie. Szenennah und sängerfreundlich wie selten wird das musiziert. Zum Schluss, dem die Aufführung das Triumph-Finale aus guten Gründen verweigert, kommt noch mal eines der Kinder, die schon als reale Kicker und Königs-Zwerge für Nachtgedanken zu sehen waren. Der überlebende Junge des gemeuchelten Banquo schreitet mit Kopfhörer rhythmisch zuckend über alle Blut-Opfer hinweg – er hat Verdi im Walkman, aber nichts begriffen. Das Schicksal wartet guter Dinge auf die nächste Generation.