Wer das Kino-Original nicht kennt, ist eindeutig im Vorteil bei dieser Nürnberger Opernhaus-Inszenierung von Jule Stynes Musical. Ganz junge Zuschauer, die in Marilyn Monroe bloß die Animation von Nostalgie sehen oder ziemlich alte, die dazumal in Spaßverderber-Pflichterfüllung Abstand hielten zu den drohenden Abgründen von liberaler Unmoral, werden nichts vermissen. In der Musical-Fassung, vor 44 Jahren unter auch heute noch erkennbaren Mühen bühnenkompatibel gemacht und erst nach 1989 übers Metropol-Theater der DDR (ich erinnere mich an einen angestrengten Versuch von „Weltniveau“ an der Friedrichstraße) zögerlich in einigen deutschen Stadttheatern angekommen, ist das Spiel mit der Frivolität immer auch gleich eine Rutschpartie zum Herren-Witz. Regisseur Thomas Enzinger, dem als Operetten-Routinier kein Kalauer fremd ist, hat nichts dagegen. Seine Inszenierung in der Bühnen-Totalen zwischen bunt bemalten Kulissenwänden (Ausstattung: Toto), die von intimen Szenen gar nichts hält, sogar die wunderbar wahnwitzige Knutsch-Therapie zwischen Sugar und Shell junior verblödelt und die Songs wie bremsende Show-Blöcke behandelt, hantiert mit bekannten Versatzstücken. Glühbirnchen rahmen das Portal, Straußenfedern und Beine fliegen hoch, Tanz-Artisten springen in alle Lücken. Sie haben reichlich zu tun.
In der Monroe-Rolle der Sugar Kane sucht die begabte Mikroport-Diva Sophie Berner vor allem Abstand zum Vorbild. Gertenschlank und burschikos ist sie fast ein Gegenentwurf, das musikalische Evergreen-Filmzitat „I Wanna Be Loved by You“, von Marilyn geschmachtet, schmettert sie wie eine Hymne. Andreas Köhler und Oliver Severin, Joe und Jerry alias Josephine und Daphne, demonstrieren singend und tanzend ihr Können, aber Charleys Tante ist ihnen denn doch deutlich näher als Jack Lemmon und Tony Curtis. Da überraschen die Auftritte von Sir Osgood Fielding mehr, denn der Nürnberger Opern-Senior Richard Kindley (einer der wenigen Hausgewächse im weitgehend gecasteten Ensemble) springt kopfüber singend wie springend in die Partie und mobilisiert beiläufig die angesparten Tenor-Reserven seines emeritierten Repertoires, als ob er Alfreds Grüße aus der „Fledermaus“ platzieren möchte. Na also, doch noch ein Freund der italienischen Oper.
Volker Hiemeyer, in Nürnberg für die Lockerungsübungen der Staatsphilharmonie zuständig, feuert das Orchester an und entlockt dem Graben neben knalligen Effekten erfreulich viele Ahnungen swingender Entspanntheit. An Stynes Inspirationsdefizit, diesem ständigen Eindruck, dass sich da ein Großer des Musicals an einem noch weitaus Größeren des Films schlichtweg verhoben hat, können sie nichts ändern.
Die Inszenierung lässt Steps klappern und Pistolen ballern, Statisterie wirbeln und Pointen fleißig aufsagen, stellt am Bug von Sir Osgoods Yacht gar das „Titanic“-Duo nach (und spielt für Begriffsstutzige ein Häppchen vom Soundtrack dazu ein), aber „Some Like It Hot“ schrumpft dabei immer mehr vom Gag-Giganten auf beliebiges Lustspiel-Format. Nobody`s perfect, klar! Aber: Manche mögen`s heißer!